In welchen Fällen haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Weihnachtsgeld?
In vielen Betrieben wird den Beschäftigten zu Weihnachten ein Weihnachtsgeld gezahlt. Der Arbeitgeber stellt die Zahlungen meist unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt, um eine Verpflichtung zur Zahlung nicht zu begründen. Dennoch kann der Beschäftigte einen Anspruch auf Zahlung haben. Die nachfolgende Übersicht soll ihnen eine Hilfestellung zu den Fragen geben, ob der Arbeitgeber leistungspflichtig ist, wer Anspruch auf das Weihnachtsgeld hat und was bei der Geltendmachung zu beachten ist.
Besteht für den Arbeitgeber eine Zahlungspflicht?
Es gibt keine gesetzliche Reglung zur Zahlung eines Weihnachtsgeldes. Eine Verpflichtung zur Zahlung kann sich aber aus Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag ergeben.
Aber auch aufgrund einer betrieblichen Übung kann sich die Pflicht zur Zahlung eines Weihnachtsgeldes ergeben, denn zahlt der Arbeitgeber drei Jahre hintereinander ein Weihnachtsgeld, so begründet dies für den Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung einen Rechtsanspruch auf Zahlung (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.03.2009, Az. 10 AZR 281/08; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.08.1996, Az. 10 AZR 68/96; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.04.1963, Az. 3 AZR 173/62;). Dabei spielt es keine Rolle, dass das Weihnachtsgeld jeweils in unterschiedlicher Höhe ausgezahlt wird (vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.04.2011, Az. 5 Sa 604/10).
Der Arbeitgeber versucht in der Regel durch einen sogenannten Freiwilligkeitsvorbehalt seine Leistungspflicht unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung zu umgehen.
Dies ist ihm grundsätzlich auch möglich. Er kann durch entsprechenden Hinweis im Arbeitsvertrag oder den Allgemeinen Arbeitsbedingungen regeln, ob und in welcher Höhe er künftig Sonderzahlungen gewährt (vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.06.2011, Az. 6 Sa 46/11). Ein solcher Hinweis müsse aber dem Transparenzgebot gerecht werden. Er müsse klar und verständlich sein und darf nicht widersprüchlich sein. Verstößt der Arbeitgeber gegen das Transparenzgebot, führt dies zur Unwirksamkeit des Freiwilligkeitsvorbehalts.
Hier zwei Beispiele:
Kombination eines Freiwilligkeitsvorbehalts mit einem Widerrufsvorbehalt (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.07.2008, Az. 10 AZR 606/07; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.08.2012, Az. 5 Sa 54/12)
Zahlung des Weihnachtsgeldes in Abhängigkeit der Betriebszugehörigkeit und Regelung des Weihnachtsgelds im Arbeitsvertrag im Zusammenhang mit Rechtsansprüchen (Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 01.12.2011, Az. 9 Sa 146/11)
Lesen Sie hier mehr über die rechtlichen Voraussetzungen eines Freiwilligkeitsvorbehalts: Was versteht man unter einem Freiwilligkeitsvorbehalt?
Wer hat Anspruch auf das Weihnachtsgeld?
grundsätzlich hat der im Unternehmen beschäftigte Arbeitnehmer Anspruch auf das Weihnachtsgeld. Jedoch können noch weitere Personengruppen in den Genuss von Weihnachtsgeld kommen.
gekündigte Arbeitnehmer
Auch in den Fällen, wo dem Arbeitnehmer bereits gekündigt wurde, kann ein Anspruch auf Weihnachtsgeld bestehen. So hat das Landesarbeitsgericht Hamm entschieden, dass bei einer vom Arbeitnehmer unverschuldeten Kündigung, beispielsweise aus betrieblichen Gründen, es nicht gerechtfertigt sei, ihm das Weihnachtsgeld vorzuenthalten (Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 16.09.2010, Az. 15 Sa 812/10).
Ruheständler
Auch Ruheständler können unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Übung einen Anspruch auf die jährliche Weihnachtszuwendung haben (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.02.2010, Az. 3 AZR 118/08). Es ist jedoch zu beachten, dass der ehemalige Arbeitgeber die Weihnachtszuwendung nach billigem Ermessen kürzen oder streichen kann (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.04.1963, Az. 3 AZR 173/62).
erkrankte Arbeitnehmer
Das Weihnachtsgeld kann im Falle einer Krankheit auch gekürzt werden. So entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland- Pfalz (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.03.2010, Az. 6 Sa 723/09), dass ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, der längere Zeit krank war, das Weihnachtsgeld kürzen könne (vgl. auch Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.02.2011, Az. 10 Sa 495/10). Dies sah das Arbeitsgericht Frankfurt a.M. jedoch anders. Danach dürfe ein Arbeitnehmer wegen Krankheit nicht „bestraft“ werden. Eine Kürzung sei seiner Ansicht nach daher nicht möglich (Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 11.08.1999, Az. 7 Ca 1743/99).
Grundsätzlich darf der Arbeitgeber eine bestimmte Beschäftigungsgruppe von der Zahlung ausschließen oder die Höhe der Zuwendung unterschiedlich regeln. Er muss sich dabei aber an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung halten. Die Gruppenbildung muss durch sachliche Kriterien gerechtfertigt sein und darf nicht willkürlich sein.
Bejahung eines sachlichen Grundes:
Sonderzahlungen zum Ausgleich eines unterschiedlichen Lohnniveaus (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.09.2007, Az. 10 AZR 568/06, 10 AZR 569/06, 10 AZR 570/06)
Sonderzahlungen zwecks Erreichung einer stärkeren Bindung an das Unternehmen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.10.2005, Az. 10 AZR 640/04)
Zahlungen in Abhängigkeit der Arbeitsleistung und dem Leistungsverhalten des Arbeitnehmers (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 11.05.2000, Az. 4 Sa 431/99)
Verneinung eines sachlichen Grundes:
unterschiedliches Ausbildungs- und Qualifikationsniveau zwischen Arbeitern und Angestellten (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.10.2005, Az. 10 AZR 640/04)
Was ist bei der Geltendmachung zu beachten?
Bei der Geltendmachung eines Weihnachtsgeldes ist zu beachten, dass ein unter Umständen vorhandener Tarifvertrag Verfallsfristen regeln kann. Nach Ablauf der Frist verliert der Arbeitnehmer seinen tarifvertraglich Anspruch auf das Weihnachtsgeld (vgl. Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 22.03.2012, Az. 15 Sa 1896/11).
Ich war bis zum oktober 2016 in Elternzeit. Steht mir jetzt für dieses Jahr eine Weihnachtsgrafikation zu?
gehe zum 01.10.14 in Rente steht.Mir Weihnachtsgeld zu?
Ich wurde Ende November aus betriebswirtschaftlichen Gründen gekündigt. Im Januar haben alle Angestellen eine "Weihnachstzahlung" erhalten, die vertragliche nicht geregelt ist. Entspricht es einer Tatsache, dass bei der Zahlung aller Angestellten mit einem Bonus auch ich einen Anspruch habe?