Kann ein Reisender wegen Terroranschlägen im Urlaubsland seinen Reisevertrag kostenlos stornieren?
Kurz vor Beginn einer Urlaubsreise kann die Vorfreude besonders groß sein. Umso ärgerlicher ist es, wenn diese durch Terroranschläge im Urlaubsland ein jegliches Ende finden. Die Angst vor möglichen weiteren Terrorattacken sowie die mit den Anschlägen verbundenen Beeinträchtigungen, wie zum Beispiel die Verhängung einer Ausgangssperre oder das Verbot von öffentlichen Veranstaltungen, können den Urlaub vermiesen. Steht dem Reisenden daher ein Recht zur kostenlosen Stornierung des Reisevertrags zu?
Kann ein Reisender wegen Terroranschläge im Urlaubsland seinen Reisevertrag kostenlos stornieren?
Eine Stornierung bzw. Kündigung des Reisevertrags ist nach § 651j BGB möglich, wenn die Reise infolge bei Vertragsabschluss nicht voraussehbarer höherer Gewalt erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt wird. Bei vereinzelten terroristischen Anschlägen ist dies jedoch noch nicht der Fall. Dies gilt selbst dann wenn die Terrorakte gegen Touristen gerichtet sind (vgl. Amtsgericht Bruchsal, Urteil vom 18.10.2006, Az. 3 C 125/06). Denn diese gehören, wie die Angst davor, zum allgemeinen Lebensrisiko eines Reisenden. Unter welchen Bedingungen ein Terroranschlag nicht mehr unter dem allgemeinen Lebensrisiko fällt, behandeln die Gerichte unterschiedlich.
So hat das Amtsgericht München in einem Fall aus dem Jahr 2015 entschieden, dass die erhöhte Gefahr terroristischer Anschläge mit islamistischem Hintergrund weltweit bestehe und daher keine höhere Gewalt darstelle (Amtsgericht München, Urteil vom 12.08.2015, Az. 231 C 9637/15).
Angenommen wurde jedoch eine höhere Gewalt, wenn:
aufgrund einer Häufung von Terroranschlägen die Sicherheitslage in der Reiseregion verschärft wird (Amtsgericht Augsburg, Urteil vom 07.07.2016, Az. 15 C 89/16)
wegen terroristischer Gewaltakte ein flächendeckender bürgerkriegsähnlicher Zustand im Urlaubsland hervorgerufen wird mit Bezug auf Reisende und touristische Einrichtungen (Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 29.06.2007, Az. 22 S 23/07 und Amtsgericht Köln, Urteil vom 29.08.2016, Az. 142 C 625/14)
Als Indiz dafür, dass die Terrorgefahr nicht zum allgemeinen Lebensrisiko gehört, gilt zudem, ob das Auswärtige Amt für das betreffende Urlaubsland eine Reisewarnung ausgesprochen hat.
Kann der Reiseveranstalter ein Entschädigungsanspruch geltend machen?
Die Kündigung des Reisevertrags wegen höherer Gewalt führt dazu, dass der Reiseveranstalter seinen Anspruch auf Bezahlung verliert. Jedoch erhält er einen Entschädigungsanspruch. Er kann für die bereits erbrachten oder zur Beendigung der Reise noch zu erbringenden Reiseleistungen eine Entschädigung verlangen. Der Reisende ist aber nicht verpflichtet, etwaige Stornokosten für bereits vom Reiseveranstalter gebuchte Leistungen, wie zum Beispiel Reservierungen beim Hotel oder der Fluggesellschaft zu tragen.