Kündigung wegen Verdachts auf eine Pflichtverletzung: Wann darf der Arbeitgeber eine Verdachtskündigung aussprechen?
Misstraut ein Arbeitgeber einem seiner Mitarbeiter, weil er ihn zum Beispiel verdächtigt eine Straftat begangen zu haben, will er den Mitarbeiter möglicherwiese so schnell wie möglich entlassen und daher eine fristlose Kündigung aussprechen. Doch ist eine solche auf einen bloßen Verdacht begründete fristlose Kündigung zulässig oder muss nicht vielmehr feststehen, dass der Mitarbeiter eine Pflichtverletzung etwa in Form einer Straftat begangen hat?
Wann darf der Arbeitgeber eine Verdachtskündigung aussprechen?
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts kann ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer auf den bloßen Verdacht einer begangenen Pflichtverletzung fristlos kündigen, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Anders als im Strafrecht gilt die Unschuldsvermutung bei der Verdachtskündigung also nicht.
Zunächst muss der Verdacht bestehen, dass der Arbeitnehmer ein Fehlverhalten begangen hat. Dieses Fehlverhalten muss so schwerwiegend sein, dass es geeignet wäre eine verhaltensbedingte Kündigung auszusprechen. Der Verdacht muss sich auf tatsächlich vorliegende Umstände gründen. Vermutungen genügen nicht. Aufgrund dieser tatsächlichen Umstände muss es als sehr wahrscheinlich gelten, dass der Arbeitnehmer die erhebliche Pflichtverletzung begangen hat. Es muss also ein dringender Tatverdacht bestehen. Zudem muss der Verdacht geeignet sein, dass Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu zerstören, so dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Der Arbeitgeber muss weiterhin alles mögliche und zumutbare unternommen haben, um den Sachverhalt aufzuklären. Dazu gehört, dass er den verdächtigten Arbeitnehmer anhört und eine Stellungnahme einholt (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil from 13.03.2008, Fn. 2 AZR 961/06). Liegen all diese Voraussetzungen vor, kann der Arbeitgeber eine Verdachtskündigung aussprechen. Dabei ist zu beachten, dass bei Vorhandensein eines Betriebsrats, dieser vor der Kündigung angehört werden muss (§ 102 des Betriebsverfassungsgesetzes).Hier einige Beispiele in denen eine Verdachtskündigung zulässig war:
- Verdacht des Versicherungsbetrugs durch absichtlich verursachte Unfälle (Bundesarbeitsgericht, Urteil from 29.11.2007, Fn. 2 AZR 724/06, 2 AZR 725/06, 2 AZR 1067/06, 2 AZR 1068/06)
- Finden von Falschgeld in Kasse einer Mitarbeiterin, Verdacht des Austausch des Gelds mit Falschgeld bestand (Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil from 26.08.2010, Fn. 17 Sa 537/10)
- Verdacht des unbefugten Herstellens von Fahrscheinen durch einen Mitarbeiter des öffentlichen Nahverkehrs (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil from 08.02.2012, Fn. 24 Sa 1800/11)
Unzulässig war eine Verdachtskündigung etwa in folgenden Fällen:
- Kein Verdacht einer sexuellen Belästigung durch Pfleger bei Duzen oder unerwünschten Ergreifen des Arms einer Patientin zwecks Gehhilfe (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil from 16.12.2010, Fn. 2 Sa 2022/10)
- Kein Verdacht der Stasi-Mitarbeit wegen Auftauchens in der „Rosenholzdatei“ (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil from 01.02.2008, Fn. 8 Sa 1625/07, 8 Sa 2238/07)
<a href="http://www.rechtsplitter.de/BGH_muss_ueber_Grenzen_fuer_Mieterhoehungen_entscheiden.rs211.html" target="_self" title="Lesen Sie den vollständigen Artikel, hier bei Rechtsplitter …">BGH muss über Grenzen für Mieterhöhungen entscheiden (14.08.2014)</a>
So einen Fall hatten wir bereits! Hier gilt der Anscheinbeweis als gültiges Mittel.
Arbeitnehmer A vermisste Geld nach der Pause. Lediglich Arbeitnehmer B war in der fraglichen Zeit im betroffenen Raum anwesend.
Folge: Arbeitnehmer A wurde mittels Verdachtskündigung gekündigt. Vor dem Arbeitsgericht bekam der Arbeitgeber Recht!
Schade für den Arbeitnehmer, jedoch aus Sicht ALLER Anderen Arbeitnehmer unumgänglich. Das Vertrauen war nicht mehr gegeben.
Kleines Schmankerl am Rande:
Ausspruch des Personalchefs: "Wenn man die Firma beklaut, kann man es mit einer Abmahnung ahnden. Mache brauchen das vielleicht gerade, aber die Kollegen, das geht gar nicht!" (:-)
Anscheinbeweis – eine gefährliche Geschichte
So einen Fall hatte ich auch !
Zwar nicht als Arbeitnehmer, aber als Schüler.
Wir waren ein recht wilder Haufen und als Schulkameraden verstanden wir uns recht gut.
Plötzlich vermisste ein Schüler einen sehr wertvollen Gegenstand. Daraufhin wurde die Polizei hinzugezogen – alle wurden verhört. Da ich in den Pausenzeiten an diesem Tag längere Zeit mich allein im Klassenzimmer befand, wurde ich von den Ermittlern zum Verdächtigen Nr. 1. Sogar der Einkaufsmarkt nebenan wurde befragt um meine Aussagen zu überprüfen.
Den Ermittlern sagte ich ins Gesicht was ihre Gedanken in dieser Sache wären: Ich hätte den Gegenstand entwendet und versteckt, um ihn nach derSchulzeit dann mitzunehmen.
Daraufhin wurden die Ermittlungen an der Schule abgebrochen und ich zum weiteren Verhör auf die Polizeidienststelle verbracht – mit allen Üblichkeiten. Erst gegen 20 Uhr wurde ich an den örtlichen Bahnhof verbracht, um Nachhause fahren zu können. Man wusste jedoch genau das zu diesem Zeitpunkt kein Zug mehr fahren würde. Die einzige Möglichkeit war noch per Anhalter irgendwo mitzufahren. Ich hatte Glück, ein Bekannter kam zufällig vorbei und konnte mich mitnehmen.
Kleines Schmankerl am Rande:
Ich hatte nichts entwendet und war auch völlig unschuldig verdächtigt.
Wo der Gegenstand sich wirklich dann befunden hat, ist bis heute nicht richtig geklärt. Meinem Umgang mit den Schulkameraden tat dies zum Glück keinen Abbruch.
Über die Verhörmethoden will ich mich nicht weiter äussern.
Vielleicht wollte man hier Arbeitnehmer A auch nur loswerden oder Ähnliches. Wir wissen wie prekär die Arbeitswelt in Deutschland ist und wo der Sozialtrend momemtan hingeht. Alles Weitere ist hier spekulativ.
Doch Vorsicht mit dem Anscheinbweis !