AfD Parteiverbotsverfahren08.10.2024

Parteiverbot: Sind vom Bundes­verfassungs­gericht schon Parteien verboten worden?

Einige Bundestagsabgeordnete streben ein AfD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht an. Hinter dem Antrag stehen insgesamt 37 Bundestagsabgeordnete von SPD, Union, Grünen und Linken. Ein Parteienverbot kann von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden. Der AfD müsste in dem Verfahren unter anderem nachgewiesen werden, dass sie aggressiv-kämpferisch gegen die Verfassung vorgeht. Wie sind die Chancen und hat das Bundesverfassungsgericht schon mal eine Partei verboten?

In der Diskussion um ein AfD-Parteiverbotsverfahren werden immer wieder die gescheiterten NPD Verbotsverfahren aus denen Jahren 2003 und 2017 angeführt. Es stellt sich die Frage, ob überhaupt schon einmal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine Partei vom Bundesverfassungsgericht verboten worden ist?

Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit bereits in zwei Fällen ein Parteiverbot ausgesprochen. Diese Parteiverbote liegen aber schon sehr lange zurück. Sie erfolgten in den 50er Jahren.

Verbot der Sozialistischen Reichspartei (SRP)

Am 23.10.1952 verbot das Bundesverfassungsgericht die Sozialistische Reichspartei (SRP). Die Bundesregierung unter Konrad Adenauer hatte im November 1951 einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt. Die Bundesregierung war damals der Ansicht, dass die innere Ordnung der Sozialistischen Reichspartei nicht auf demokratischen Grundsätzen beruhe, sondern auf dem Führerprinzip. Die SRP sei als eine Nachfolgeorganisation der NSDAP anzusehen. Denn sie verfolge die gleichen oder ähnlichen Ziele und beabsichtige, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beseitigen. Das Bundesverfassungsgericht stufte die Partei als verfassungswidrig im Sinne des Art. 21 Abs. 2 GG ein und verbot sie (ausführlich: Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 23.10.1952, Az. 1 BvB 1/51).

Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD)

Am 17.08.1956 verbot das Bundesverfassungsgericht zum zweiten Mal eine Partei. Diesmal die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Wieder hatte die Bundesregierung den Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Die Bundesregierung behauptete, die KPD gehe nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger darauf aus, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beseitigen. Dies ergebe sich zum einen aus der von der KPD als verbindlich angesehenen marxistisch-leninistischen Lehre und zum anderen aus ihrer konkreten Zielsetzung. Nämlich die Einführung eines der sowjetischen Besatzungszone entsprechenden Herrschaftssystems. Dieses Herrschaftssystem sei jedoch mit den Grundwerten der freiheitlich demokratischen Grundordnung unvereinbar. Zur Erlangung dieses Ziels missbrauche sie zudem den Gedanken der Wiedervereinigung. Sie fordere den Sturz des „Adenauer-Regimes“ durch Mittel revolutionären gewaltsamen Kampfes. Die KPD hielt demgegenüber den Antrag für unbegründet.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschied zu Gunsten der Bundesregierung. Denn die KPD habe beabsichtigt, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen und zu beseitigen. Sie sei daher gemäß Art. 21 Abs. 2 GG verfassungswidrig.

Das Bundesverfassungsgericht wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass es nicht genüge, dass eine Partei diese Prinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht anerkenne oder sie ablehne. Vielmehr müsse sie eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung einnehmen. Sie müsse beabsichtigen diese Ordnung beinträchtigen und beseitigen zu wollen. Dabei seien vor allem die Ziele der Partei das wichtigste Erkenntnismittel (ausführlich: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17.08.1956, Az. 1 BvB 2/51).

Gescheitertes Verbot der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD)

Am 18. März 2003 scheiterte vor dem Bundesverfassungsgericht das erste Verbotsverfahren gegen die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD). Die Bundesregierung, der Bundestag und der Bundesrat hatten das Verbotsverfahren beantragt. Wegen Verfahrenshindernissen stellte das Bundesverfassungsgericht das Verbotsverfahren allerdings ein. Die Verfassungswidrigkeit der NPD wurde nicht geprüft (ausführlich: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 18.03.2003, Az. 2 BvB 1/01 u.a.).

Ein weiteres NPD-Verbotsverfahren scheiterte am 17. Januar 2017. Das Bundesverfassunggericht urteilte, dass das Tatbestandsmerkmal des „Darauf Ausgehens“ im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG nicht erfüllt sei (ausführlich: Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 17.01.2017, Az. 2 BvB 1/13). Die NPD bekenne sich zwar zu ihren gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Zielen und arbeite planvoll auf deren Erreichung hin, so dass sich ihr Handeln als qualifizierte Vorbereitung der von ihr angestrebten Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung darstellt. Es fehle jedoch an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die eine Durchsetzung der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele möglich erscheinen lassen. Weder stehe eine erfolgreiche Durchsetzung dieser Ziele im Rahmen der Beteiligung am Prozess der politischen Willensbildung in Aussicht, noch sei der Versuch einer Erreichung dieser Ziele durch eine der NPD zurechenbare Beeinträchtigung der Freiheit der politischen Willensbildung in hinreichendem Umfang feststellbar, führte das Bundesverfassungsgericht aus.

Siehe auch:

Diese Rechtsfrage wurde aktualisiert.

Quelle:refrago(rb/pt)
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