Statt Geldstrafe bald Bußgeld15.08.2024

Welche Strafen drohen beim Schwarz­fahren?Justizministerium will das Schwarzfahren entkriminalisieren

Wer ohne gültigen Fahrausweis ein Verkehrs­mittel des öffentlichen Personen­nahverkehrs nutzt, fährt umgangs­sprachlich schwarz. Zivil­rechtlich ist eine solche Tat als ein Verstoß gegen die Be­förderungs­bedingungen des jeweiligen Verkehrs­unter­nehmens anzusehen. Doch wie sieht es auf der strafrecht­lichen Seite aus? Welche Strafen drohen beim Schwarz­fahren? Und soll Schwarzfahren nicht entkriminalisiert werden?

Etwa 148.000 mal im Jahr kommt es wegen Schwarzfahrens zur Anzeige. Grund genug für refrago.de (Rechtsfragen online) zu erläutern, welche Strafen beim Schwarzfahren drohen.

Schwarz­fahren ist kein Kavaliersdelikt

Zwar mögen viele Personen das Schwarz­fahren als ein reines Kavaliers­delikt ansehen. Doch dies sehen die betroffenen Verkehrs­unternehmen in der Regel anders. Diese scheuen nicht davor zurück, Schwarz­fahrer bei der Polizei anzuzeigen. Das Fahren ohne gültigen Fahrausweis kann eine Straf­barkeit wegen des Er­schleichens von Leistungen (§ 265a StGB), eines Betrugs (§ 263 StGB) oder einer Urkunden­fälschung (§ 267 StGB) nach sich ziehen.

  • Erschleichen von Leistungen (§ 265a StGB)

    Wer die Beförderung durch ein Verkehrs­mittel in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheits­strafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

    Wichtige Voraussetzung für eine Straf­barkeit nach § 265a StGB ist das Erschleichen der Leistung. Nach Ansicht des Bundes­gerichts­hofs ist dies dann gegeben, wenn jemand die Be­förderungsl­eistung durch ein unauf­fälliges Vorgehen erlangt. Nicht erforderlich sei das Überwinden von Schutz­vor­richtungen oder die Umgehung von Kontrollen. Denn nach seinem Wortsinn beinhalte der Begriff der „Er­schleichung“ lediglich die Herbei­führung eines Erfolgs auf un­recht­mäßigem, unlauterem oder un­moralischem Weg. Danach sei unter dem Erschleichen einer Beförderung jedes der Ordnung wider­sprechendes Verhalten zu verstehen, durch das sich der Täter in den Genuss der Leistung bringt und bei welchem er sich mit dem Anschein der Ordnungs­gemäßheit umgibt (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.01.2009, Az. 4 StR 117/08). Es genügt also, dass der Schwarz­fahrer den Eindruck erweckt, er erfülle die nach den Geschäfts­bedingungen des Betreibers erforderlichen Voraus­setzungen für eine Beförderung.

  • Betrug (§ 263 StGB)

    Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögens­vorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vor­spiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheits­strafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

    Ein Schwarz­fahrer kann sich unter bestimmten Umständen nach § 263 StGB strafbar machen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn er im Rahmen einer Kontrolle einen gefälschten Fahrausweis vorzeigt oder eine falsche Adresse angibt.

  • Urkunden­fälschung (§ 267 StGB)

    Wer zur Täuschung im Rechts­verkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheits­strafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

    Nach § 267 StGB kann sich ein Schwarz­fahrer strafbar machen, wenn er einen eigenen Fahrausweis herstellt, den Gültigkeits­vermerk auf den Fahrausweis manipuliert oder den Fahrausweis mehrmals abstempelt.

Zu beachten ist, dass sich ein Schwarz­fahrer je nach Einzelfall wegen mehrerer der oben genannten Delikte strafbar machen kann.

Führt die Nicht­mitnahme der Monatskarte zu einer Straf­barkeit wegen Schwarz­fahrens?

Hat jemand vergessen, seine Monatskarte mitzunehmen, kommt allenfalls eine Straf­barkeit wegen Er­schleichens von Leistungen nach § 265a StGB in Betracht. Aber auch dies ist zu verneinen, da es an der Absicht fehlt, das Entgelt nicht zu entrichten. Der Inhaber einer Monatskarte zahlt unabhängig davon, ob er die Karte dabei hat oder nicht, für die Be­förderungsl­eistung (vgl. Kammergericht Berlin, Beschluss vom 15.06.2012, Az. (4) 121 Ss 113/12 (149/12) und Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 11.10.1999, Az. 2 Ss 250/99).

Geldstrafe fürs Schwarzfahren

Wer für das Schwarzfahren vom Gericht verurteilt wird, erhält in der Regel eine Geldstrafe. Wer seine Geldstrafe nicht zahlt, kann dann sogar wegen Schwarzfahrens ins Gefängnis kommen (sog. Ersatzfreiheitsstrafe). Juristen kritisieren, dass gerade Arme, Wohnungslose oder Suchterkrankte von der Ersatzfreiheitsstrafe betroffen sind. Aktuell betrifft das laut der Kriminologin Christine Graebsch ca. 7.000 Menschen pro Jahr.

Entkriminalisierung des Schwarzfahrens – aktueller Gesetzentwurf

Bundesjustizminister Buschmann möchte das Fahren ohne Ticket entkriminalisieren. Sein Ministerium arbeitet bereits an einem Gesetzentwurf. Buschmann möchte die Gerichte entlasten, indem er das Schwarzfahren zu einer Ordnungswidrigkeit herabstuft, ähnlich wie Falschparken – dann droht keine Strafe mehr, sondern nur noch ein Bußgeld.

Juristen üben aber auch hier Kritik: Haftstrafen, die vor allem zahlungsunfähige, verarmte Personen treffen, würden dadurch auch nicht vermieden. So droht am Ende eines Bußgeldverfahrens statt der „Ersatzfreiheitsstrafe“ die „Erzwingungshaft“ – und die hat einen entscheidenden Nachteil für die Betroffenen. Bei der Ersatzfreiheitsstrafe muss man nach der Haft die Geldstrafe nicht mehr bezahlen, bei der Erzwingungshaft dagegen wird die Haft nicht angerechnet. Daher muss man die Geldbuße nach der Zeit im Gefängnis trotzdem noch bezahlen.

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Diese Rechtsfrage wurde aktualisiert.

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Quelle:refrago(rb/pt)
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