16.04.2013

Wonach richtet sich die Vergabe der Sitzplätze in einem Gerichtssaal?

Der NSU-Prozess hat noch nicht einmal begonnen und dennoch steht das OLG München bereits heftig in der Kritik. Hintergrund dessen ist, dass sämtliche türkische Medien bei der Vergabe der Sitzplätze für die Pressevertreter leer ausgingen. Der Aufschrei bei den türkischen Journalisten war groß. Selbst Politiker kritisierten die Vergabepraxis des OLG scharf. Ihrer Meinung könne es nicht sein, dass türkische Medienvertreter nicht berücksichtigt werden. Die türkische Zeitung „Sabah“ hat inzwischen Verfassungsbeschwerde gegen die Vergabe der Presseplätze eingereicht. Bevor man sich jedoch eine Meinung über die Art und Weise der Sitzplatzvergabe durch das OLG bilden kann, muss folgende Frage beantwortet werden: Nach welchen Modalitäten wird eine Sitzplatzvergabe überhaupt geregelt?

Wer darf während einer Gerichtsverhandlung im Gerichtssaal sein?

Nach § 169 Gerichtsverfassungsgesetz hat die Öffentlichkeit das Recht während einer Gerichtsverhandlung anwesend zu sein. Zu der Öffentlichkeit zählen sowohl Zuschauer als auch Medienvertreter. Das Recht auf Anwesenheit findet jedoch seine Grenzen in den tatsächlichen Gegebenheiten, wie der beschränkten Zahl der zur Verfügung stehenden Sitzplätze in den Gerichtssälen (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.10.1976, Az. 3 StR 291/76).

Nach welchem Prinzip werden Sitzplätze vergeben?

Bei der „Öffentlichkeit“ ist zwischen Zuschauern und Pressevertretern zu unterscheiden. Zuschauerplätze dürfen nicht reserviert werden. Es gilt das Prioritätsprinzip. Wer zuerst da ist, erhält ein Sitzplatz. Alle anderen gehen leer aus. Dies gilt für jeden einzelnen Verhandlungstag.

Presseplätze wiederum werden ganz allgemein reserviert. Das heißt es wird ein bestimmtes Kontingent an vorhandenen Sitzplätzen für Medienvertreter reserviert. Die Vergabe selbst kann wieder durch das Prioritätsprinzip erfolgen oder durch Losverfahren. Beides wird für zulässig erachtet. Eine bestimmte Gruppe von Medienvertretern darf das Gericht nicht bevorzugen. Es würde sich sonst der Besorgnis der Befangenheit aussetzen, was den ganzen Prozess gefährden könnte. Das Gericht muss jedoch beachten, dass alle Medienvertreter gleichermaßen die Chance haben einen Sitzplatz zu bekommen. Dies gilt insbesondere dann, wenn ausländische Medien Interesse an dem Prozess zeigen. In diesen Fällen wird es in der Regel erforderlich sein, dass eine Anmeldung per Fax oder Email erfolgen kann. Denn im Gegensatz zum Postversand kommt es dabei nicht zu einer zeitlichen Verzögerung aufgrund des Sitzes im Ausland.

Zu der Frage, ob nicht eine Liveübertragung oder eine Übertragung in einem anderen Raum möglich ist, siehe folgende Rechtsfrage: Warum dürfen TV-Sender nicht aus dem Gerichtssaal live übertragen?

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