Todeserklärung: Wann kann ein Vermisster für tot erklärt werden?
Am Tod eines Menschen hängen viele rechtliche Folgen. So kommt es zum Beispiel nur dann zu einer Erbschaft oder zur Auszahlung einer Lebensversicherung, wenn der Tod des Betroffenen festgestellt wird. Auch die Auszahlung der Witwenrente hängt von der Todeserklärung ab. Doch nicht immer lässt sich der Tod einer Person mit Gewissheit feststellen. So ist zum Beispiel der Verbleib von vermissten oder verschollenen Personen unklar. Eine sichere Feststellung dahingehend, ob ein Vermisster noch lebt oder vielleicht schon tot ist, lässt sich nicht treffen. Zwar besteht in einem solchen Fall die Möglichkeit den verschollenen für tot zu erklären. Aber ab welchem Zeitpunkt ist dies möglich?
Wann kann ein Vermisster für tot erklärt werden?
Nach dem Verschollenheitsgesetz (VerschG) kann derjenige, dessen Aufenthalt während längerer Zeit unbekannt ist, ohne dass Nachrichten darüber vorliegen, ob er in dieser Zeit noch gelebt hat oder gestorben ist unter bestimmten Voraussetzungen für tot erklärt werden (§ 1 Abs. 1, § 2 VerschG). Aufgrund der ausbleibenden Nachrichten müssen zudem ernstliche Zweifel daran bestehen, dass der Vermisste noch lebt. Solche Zweifel bestehen nicht schon dann, wenn der Vermisste nach der Ausreise in ein anderes Land den Kontakt zur Familie abbricht und eine Adresse des Vermissten nicht bekannt ist (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 12.11.2014, Az. 2 W 56/14). Demgegenüber kann man vom Tod des Verschollenen ausgehen, wenn er seit über 65 Jahren vermisst ist und inzwischen über 100 Jahre alt sein müsste (Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 11.05.2017, Az. 12 W 53/17).
Ist der Tod des Vermissten dagegen unzweifelhaft, so ist er nicht verschollen (§ 1 Abs. 2 VerschG).
Ein Verschollener kann nach § 3 VerschG grundsätzlich dann für tot erklärt werden, wenn er:
entweder seit zehn Jahren als verschollen gilt und das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat oder
das achtzigste Lebensjahr vollendet hat und seit fünf Jahren als verschollen gilt (vgl. Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 07.02.2014, Az. 15 W 280/13).
Eine vermisste Person unter 25 Jahren kann nicht für tot erklärt werden.
Es gelten zudem besondere Vorschriften für Vermisste, die aufgrund eines Unglücksfalls als verschollen gelten:
Kriegsteilnehmer:
Vermisste Teilnehmer eines Krieges oder einer kriegsähnlichen Auseinandersetzung können in der Regel ein Jahr nach Friedensschluss bzw. nach Ende der Auseinandersetzung für tot erklärt werden (§ 4 VerschG).
Seereisende:
Wer auf einer Seereise verschollen geht, etwa aufgrund des Untergangs des Schiffes, kann regelmäßig sechs Monate danach für tot erklärt werden (§ 5 VerschG). Siehe dazu: Verschwunden auf Kreuzfahrt: Wann kann eine auf einem Kreuzfahrtschiff über Bord gegangene Person für tot erklärt werden?
Flugpassagier:
Ein auf einem Flug Verschollener Flugpassagier kann bereits drei Monate später für tot erklärt werden (§ 6 VerschG).
anderer Unglücksfall:
Geht eine Person aufgrund eines anderen Unglückfalls verschollen, so ist in der Regel nach einem Jahr die Todeserklärung zulässig (§ 7 VerschG).
Wie kann man jemanden für tot erklären lassen?
Die Todeserklärung muss vor dem zuständigen Amtsgericht beantragt werden. Zuständig ist gemäß § 15 Abs. 1 VerschG grundsätzlich das Gericht, in dessen Bezirk der Verschollene zuletzt seinen Wohnsitz hatte. Hatte der Vermisste in Deutschland keinen Wohnsitz, so ist regelmäßig das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Verschollene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Das Gericht prüft das Vorliegen der Voraussetzungen und erklärt gegebenenfalls den verschollenen für tot.
Eine Todeserklärung kann nach § 16 VerschG von folgenden Personen beantragt werden:
die Staatsanwaltschaft
der gesetzliche Vertreter des Verschollenen
der Ehegatte, der Lebenspartner, die Kinder und die Eltern des Verschollenen
jeder andere, der ein rechtliches Interesse an der Todeserklärung hat
Nach dem oben Gesagten darf daher die Rentenversicherung nicht die Rentenzahlung einstellen, wenn sie glaubt, dass ein Verschollener Rentner tot ist (vgl. Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 24.05.2007, Az. S 26 R 278/06 und Sozialgericht Trier, Beschluss vom 16.10.2008, Az. S 3 ER 85/08 R).