Was passiert, wenn ich als Arbeitnehmer meinen Resturlaub nicht bis Ende März nehmen kann?Verfall des Urlaubsanspruchs: Das müssen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wissen
In Zeiten der Pandemie sind auch arbeitsrechtliche Fragen virulent geworden. Insbesondere stellen sich viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen die Frage, was mit unverbrauchtem Resturlaub geschieht, den sie pandemiebedingt nicht wahrnehmen konnten.
Urlaubstage sind laut Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) seitens des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin im Laufe des Jahres zu verbrauchen, vgl. § 7 III BUrlG. Dementsprechend verfallen sie grundsätzlich mit Ablauf der Frist zum 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres.
Dabei gibt es zwei verschieden Gründe, weshalb eine Übertragung ins Folgejahr möglich sein kann: Einerseits kann dies aufgrund wichtiger persönlicher Gründe geboten sein, andererseits können auch betriebliche Gründe (wie zum Beispiel ein Personalengpass) ein entsprechendes Bedürfnis begründen. Persönliche Gründe können etwa die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit oder die Erkrankung naher Angehöriger oder des Lebensgefährten darstellen. In zahlreichen Unternehmen wird daher der 31. März als offizielles Fristende angesehen. Eine Übertragung über diesen Stichtag hinaus, ist ohne entsprechende Vereinbarung jedoch ausgeschlossen.
Hinweispflicht des Arbeitgebers
Aber auch den Arbeitgeber treffen bestimmte Pflichten, deren Verletzung zur Aufrechterhaltung des Urlaubsanspruchs führen kann. Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) dies 2018 festgestellt hatte, hat auch das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass in unionsrechtskonformer Auslegung des § 7 III BUrlG vom Arbeitgeber zu fordern ist, dass er den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, Urlaub zu nehmen und ihn rechtzeitig sowie unmissverständlich darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls nach Ablauf des Urlaubsjahres (beziehungsweise des Übertragungszeitraums) erlischt. (EuGH, Urteil vom 06.11.2018, C-684/16; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Februar 2019 – 9 AZR 541/15). Arbeitgeber müssen die tatsächliche Inanspruchnahme des Urlaubs also ermöglichen.
Sonderregelungen im Falle der Krankheit
Im Falle einer Krankheit, so zum Beispiel auch bei der Infektion mit dem Coronavirus, ändert sich die gesetzliche Regelung hinsichtlich etwaigen Resturlaubs. Dieser bleibt zunächst bestehen, sofern der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin ihn nicht bis zum 31. März nehmen kann. Dabei gilt folgende Einschränkung: Bei Vorliegen einer Langzeiterkrankung verfällt der Urlaub spätestens 15 Monate danach, also zum 31. März des übernächsten Jahres (BAG, Urt. v. 07. 08. 2012, Az.9 AZR 353/10). Allerdings steht noch eine Klärung aus, ob diese 15-Monats-Frist auch dann gilt, wenn der Arbeitgeber die bereits beschriebene Hinweispflicht verletzt hat (BAG, EuGH-Vorlage vom 07. Juli 2020 – 9 AZR 245/19 (A)).
Sonderfall Quarantäneanordnung
Nicht nur eine Erkrankung kann zur Aufrechterhaltung des Urlaubsanspruchs führen. Auch die Anordnung einer Quarantäne kann sich aufgrund der damit verbundenen Einschränkungen einer selbstbestimmten Gestaltung etwaigen Urlaubs in gleicher Weise wie eine Erkrankung auswirken (vgl. Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Urteil vom 27. Januar 2022 – 5 Sa 1030/21).
Auswirkungen eines Jobwechsels
Kommt es innerhalb eines Jahres zu einem Jobwechsel, können Arbeitnehmende beim jeweiligen neuen Arbeitgeber grundsätzlich verbliebenen Urlaub aus ihrem vorherigen Beschäftigungsverhältnis in Anspruch nehmen. Damit das nicht doppelt geschieht, sieht § 6 II BUrlG eine Verpflichtung des vorherigen Arbeitgebers vor, eine Bescheinigung über die bisher erfolgte Gewährung oder Abgeltung von Urlaub auszustellen.
Verjährungsfrist noch ungeklärt
Hinsichtlich der Verjährung von Urlaubsansprüchen besteht noch Uneinigkeit über die Übereinstimmung der nationalen Regelung mit europarechtlichen Vorgaben. Hier wird abzuwarten sein, wie der EuGH über die Anwendbarkeit der Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entscheidet (vgl. BAG, EuGH-Vorlage vom 29. September 2020 – 9 AZR 266/20). Ob die dreijährige Regelverjährungsfrist auch auf Urlaubsansprüche anzuwenden ist, ist bislang noch ungeklärt.
Abweichende Regelungen beachten
Unabhängig von den gesetzlichen Vorgaben dürfen Arbeits- oder Tarifvertragsparteien den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch übersteigende Urlaubs- und Abgeltungsansprüche frei regeln. Hier gilt es dann, etwaige Sonderregelungen hinsichtlich Übertragung und Verfall zu beachten.