Recht auf Sondertilgungen: Worauf sollten Kreditnehmer achten?Wann können Banken eine Entschädigung verlangen?
Viele Deutsche haben schon einmal einen Kredit abgeschlossen. Über eine feste Laufzeit werden gleich bleibende Raten gezahlt, wobei der Anteil der Tilgung über die Zeit steigt und der Zinsanteil immer weiter abnimmt. Wer Zinsen sparen möchte, kann über eine Sondertilgung die Restschuld senken und die Laufzeit des Kredites verkürzen. Doch wie funktionieren Sondertilgungen und müssen Banken diese überhaupt zur Verfügung stellen?
Kredite sind heute in Deutschland heute relativ weit verbreitet. Laut Bundesbank lag das Volumen für Konsumentenkredite mit anfänglicher Zinsbindung im Julia 2022 bei ca. 9,07 Milliarden Euro. Doch ein Kredit bringt immer auch Zinskosten mit sich. Wer diese im Verlauf der Rückzahlung mindern möchte, kann Sondertilgungen benutzen und so bares Geld sparen.
Was sind Sondertilgungen?
Ein Ratenkredit wird hierzulande über eine feste Laufzeit abgeschlossen. Dabei bleibt die Höhe der Raten über den gesamten Kreditverlauf hinweg gleich hoch. Kreditnehmer leisten also von Rate zu Rate immer mehr Tilgung, wohingegen der Zinsanteil aufgrund der sinkenden Restschuld weiter abnimmt.
Eine Sondertilgung beschreibt hierbei eine Rückzahlung, die über die monatliche Rate hinausgeht. Wer also Geld übrig hat, überweist zusätzlich einen bestimmten Betrag und kann für sich somit einige Vorteile erzielen:
1. Das Darlehen wird schneller abbezahlt
Sondertilgungen sorgen dafür, dass ein Darlehen schneller abbezahlt wird. Wer beispielsweise einen Kredit für neue Möbel über 8.000 Euro für 3 Jahre zu einem effektiven Jahreszins von 4,59% aufnimmt, zahlt eine monatliche Rate von 237,98 Euro und ist nach 3 Jahren schuldenfrei.
Zwei Sondertilgungen von jeweils 400 Euro im ersten und im zweiten Jahr bedeuten, dass der Kredit schon nach 33 statt nach 36 Monaten abbezahlt ist.
2. Die Zinskosten sinken
Eine Sondertilgung sorgt zudem dafür, dass die Kosten für den jeweiligen Kredit sinken. Dies liegt an der Tatsache, dass die Restschuld stärker gesenkt wird und somit die zu berechnenden Zinsen schneller fallen.
Am obigen Beispiel sieht das folgendermaßen aus:
Darlehen A | Darlehen B | |
Kreditsumme | 8.000 Euro | 8.000 Euro |
Zinssatz | 4,59% | 4,59% |
Sondertilgung | 0 | 800 Euro |
Kreditrate | 237,98 Euro | 237,98 Euro |
Laufzeit | 3 Jahre | 33 Monate |
Zinskosten zum Ende der Laufzeit | 567,10 Euro | 496,15 Euro |
Einsparung | 70,95 Euro |
Durch die Sondertilgung lassen sich in diesem Beispiel also ca. 71 Euro an Zinskosten sparen – die Ausgaben sinken somit um ein Achtel!
Banken mögen Sondertilgungen nicht sonderlich
Für Banken sind Sondertilgungen eher ein Ärgernis. Die Planung der Einnahmen gerät durcheinander und darüber hinaus entgehen der Bank Zinsen. Aus diesem Grund berechnen viele Finanzinstitute für Sondertilgungen eine entsprechende Entschädigung. Diese wird Vorfälligkeitsentschädigung genannt und soll der Bank einen Teil ihrer entgangenen Zinseinnahmen zurückerstatten. Doch darf die Bank das eigentlich? Hierbei hilft ein Blick auf die Rechtslage.
Die Rechtslage rund um Sondertilgungen
Rund um die Rechtslage bei Sondertilgungen bei Krediten sind mehrere Fragen zu klären:
1. Gibt es ein Recht auf Sondertilgungen?
Der Gesetzgeber hat rund um Sondertilgungen Klarheit geschaffen und die Rechte von Kreditnehmern im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgehalten. Dort heißt es in § 500 BGB sinngemäß:
Darlehensnehmer haben jederzeit das Recht, ihren Verbraucherdarlehensvertrag teilweise oder ganz vorzeitig zu bezahlen.
Es gibt also ein Grundsätzliches Recht auf Sondertilgungen. Dies gilt sowohl für Kreditverträge mit einem gebundenen Sollzins als auch für Kredite mit variablem Zins. Zu letzterer Kategorie zählt zum Beispiel der Dispokredit.
Achtung: Bei Immobilienkrediten sind Sondertilgungen oder eine vorzeitige Ablösung nicht standardmäßig vorgesehen. Diese sind nach § 500 Abs. 2 BGB nur möglich, wenn ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Immobilie noch während der Kreditlaufzeit verkauft werden soll oder der Kredit erweitert werden soll und die aktuelle Bank nicht mitspielt.
2. Können Banken eine Entschädigung verlangen?
Die zweite wichtige Frage besteht darin, ob Banken für Sondertilgungen eine Entschädigung fordern können. Grundsätzlich ist eine vorzeitige Tilgung des Kreditnehmers ja ein Verhalten, welches vom ursprünglichen Vertrag abweicht. Auch hier hat der Gesetzgeber zum Glück klare Regelungen festgelegt. In § 502 BGB ist die Vorfälligkeitsentschädigung geregelt. Dort heißt es sinngemäß:
Banken haben bei Krediten mit gebundenem Sollzins grundsätzlich einen Anspruch auf die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.
In Absatz 3 wird diese jedoch für Verbraucherverträge der Höhe nach begrenzt. Demnach darf die Vorfälligkeitsentschädigung folgende Beträge nicht überschreiten:
- Bei einer Restlaufzeit von mehr als 12 Monaten: 1% des vorzeitig zurückgezahlten Betrags
- Bei einer Restlaufzeit unter 12 Monaten: 0,5% des vorzeitig zurückgezahlten Betrags
Grundsätzlich darf die Vorfälligkeitsentschädigung zudem niemals den Betrag der Sollzinsen überschreiten, die im Zeitraum zwischen vorzeitiger Rückzahlung und vereinbartem Vertragsverlauf fällig gewesen wären.
Kostenlose Sondertilgungen: Trotz Rechtslage möglich
Auch wenn der Gesetzgeber klare Vorgaben zur Vorfälligkeitsentschädigung macht: Es ist für Banken durchaus möglich, davon abzuweichen – allerdings nur zum Vorteil des Verbrauchers. Heute gibt es zahlreiche Banken, die eine teilweise oder sogar komplette Sondertilgung kostenfrei ermöglichen. Diese Option gilt heute als Argument im harten Kampf um potenzielle Kreditkunden. Wer entsprechende Möglichkeiten benötigt, kann auf eingängigen Portalen online Kredite mit Sondertilgung vergleichen und somit später mögliches Sparpotenzial heben.
Dabei sind folgende Regelungen häufig zu finden:
- Komplett kostenlose Sondertilgung sowie vorzeitige Rückzahlung
- Prozentuale Sondertilgung der jeweiligen restschuld pro Jahr (oft zwischen 5 und 10%)
- Betragsmäßige Begrenzung der kostenfreien Sondertilgung (z.B.: 500 oder 1.000 Euro pro Jahr)
Lässt sich die Vorfälligkeitsentschädigung bei einem Baukredit umgehen?
Wer einen Immobilienkredit nutzt und eine Vorfälligkeitsentschädigung bei Sondertilgungen umgehen möchte, hat zwei Möglichkeiten:
1. Anbieter mit kostenfreien Sondertilgungen suchen
Auch im Bereich der Immobilienfinanzierung stellen heute viele Anbieter kostenfreie Sondertilgungen zur Verfügung. Die Begrenzung fällt dabei ähnlich aus wie bei den Konsumkrediten, wobei eine komplett freie Sondertilgung sehr selten ist.
Außerdem müssen Kreditnehmer damit rechnen, dass solche Sondertilgungsoptionen am Ende einen Zinsaufschlag bedeuten. Somit lohnen sich speziell ausgehandelte Optionen nur, wenn Kreditnehmer sicher sind, diese später auch nutzen zu können.
2. Vorzeitige Kündigungsmöglichkeiten nutzen
Der Gesetzgeber hat in §489 Abs. 1 Nr. 2 BGB eine Hintertür für Nutzer von Baukrediten eingebaut. Nach einer Sollzinsbindung von mehr als 10 Jahren besteht jederzeit das Recht, den Kredit mit einer Frist von 6 Monaten ordnungsgemäß zu kündigen. In diesem Fall wird die offene Restschuld einfach an die jeweilige Bank überwiesen. Diese Methode eignet sich jedoch nicht für Sondertilgungen. Hier geht es eher darum, dass Baudarlehen komplett abzulösen und entsprechend umzuschulden.
Hinweis: Sind die Angaben zur Vorfälligkeitsentschädigung sowie ihrer Berechnung im Kreditvertrag unvollständig oder fehlerhaft, besteht die Möglichkeit, den Baukredit ohne Vorfälligkeitsentschädigung zu kündigen. Dies hat beispielsweise das Oberlandesgericht Frankfurt in einem Urteil (Az.: 17 U 810/19) festgelegt. Um zu prüfen, ob die Angaben fehlerhaft sind, bedarf es im Normalfall aber eines Rechtsbeistandes.
Sondertilgungen: Die Rechtslage ist eindeutig
Sondertilgungen stellen bei Krediten eine große Hilfe dar, um schneller schuldenfrei zu werden und die Zinskosten deutlich zu senken. Da ihnen Gewinne entgehen, stehen Banken Sondertilgungen nicht so positiv gegenüber. Der Gesetzgeber hat hier eine klare Rechtslage geschaffen: Eine Vorfälligkeitsentschädigung wird nur bei der vorzeitigen Teil- oder Kompletttilgungen von Krediten mit einem gebundenen Sollzins fällig.
Darüber hinaus gelten für Konsumentenkredite klare Vorgaben zu Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung. Anders sieht es hingegen bei Immobiliendarlehen aus: Hier sollten Kreditnehmer darauf achten, bei Bedarf kostenfreie Sondertilgungen als Sonderleistungen in den Vertrag aufzunehmen. Zum Glück gibt es jedoch auch hier einige Möglichkeit, entsprechende Zahlungen bei einer vorzeitigen Kündigung zu umgehen. Wer seine Rechte in Bezug auf Sondertilgungen kennt, kann hier am Ende sicherer handeln und bares Geld sparen.