Tierarzthaftung: Haftet der Tierarzt bei einem Behandlungsfehler genauso wie der Humanmediziner?Wie ist die Beweislast bei Behandlungsfehlern in der Tiermedizin?
Im Rahmen der Tiermedizin kann es, ebenso wie in der Humanmedizin, zu Behandlungsfehlern kommen. Kommt es deswegen zu einem Schadensersatzprozess stellt sich die Frage, wer das Vorliegen eines Behandlungsfehlers nachweisen muss. Der Tierhalter oder der Tierarzt?
Wie ist die Beweislast bei Behandlungsfehlern in der Tiermedizin?
Grundsätzlich hat derjenige das Vorliegen einer Pflichtverletzung nachzuweisen, der einen Schadensersatz geltend macht. Somit muss grundsätzlich der Tierhalter beweisen, dass der Tierarzt einen Behandlungsfehler begangen hat. Von dieser Beweislast gibt es in der Humanmedizin jedoch eine Ausnahme. Liegt nämlich ein grober Behandlungsfehler vor, muss der Arzt nachweisen, dass er die Behandlung korrekt ausgeführt hat.
Gilt die Beweislastumkehr in der Humanmedizin auch in der Tiermedizin?
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 10.05.2016 entschieden, dass die Beweislastumkehr in der Humanmedizin auch in der Tiermedizin gelte. In dem zugrunde liegenden Fall behandelte zwar der Tierarzt die Wunde eines Pferdes. Er übersah dabei jedoch eine Fissur, welche sich in den nächsten Tagen zu einer Fraktur entwickelte. Die Operation der Fraktur misslang und das Pferd musste daraufhin eingeschläfert werden. Die Pferdehalterin verklagte den Tierarzt deswegen auf Zahlung von Schadensersatz. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs seien die in der Humanmedizin entwickelten Rechtsgrundsätze hinsichtlich der Beweislastumkehr bei groben Behandlungsfehlern auch im Bereich der tierärztlichen Behandlung anzuwenden. Beide Tätigkeiten beziehen sich auf einen lebenden Organismus. Bei der tierärztlichen Behandlung komme – wie in der Humanmedizin – dem für die Beweislastumkehr maßgeblichen Gesichtspunkt, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass das Spektrum der für die Schädigung in Betracht kommenden Ursachen wegen der elementaren Bedeutung des Fehlers besonders verbreitert oder verschoben worden ist, eine besondere Bedeutung zu. Auch der grob fehlerhaft handelnde Tierarzt habe durch einen schwerwiegenden Verstoß gegen die anerkannten Regeln der tierärztlichen Kunst Aufklärungserschwernisse in das Geschehen hineingetragen und dadurch die Beweisnot auf Seiten des Geschädigten vertieft (Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.05.2016, Az. VI ZR 247/15).