Kann der Versorgungsausgleich ausgeschlossen sein?
Der Versorgungsausgleich dient dazu, die während der Ehezeit erworbenen Rentenansprüche beider Ehepartner auszugleichen. Dies liegt dem Gedanken zugrunde, dass beiden Partnern die in der Ehe erlangten Versorgungsanrechte gleichermaßen zustehen sollen. Das Amtsgericht führt anlässlich der Scheidung von Amts wegen den Versorgungsausgleich durch. Doch können die Ehegatten oder einer der Eheleute die Durchführung des Versorgungsausgleichs verhindern? Kann dieser also ausgeschlossen sein?
Kann der Versorgungsausgleich ausgeschlossen sein?
Die Durchführung des Versorgungsausgleichs kann unter bestimmten im Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) geregelten Voraussetzungen ausgeschlossen sein.
kurze Ehedauer
Nach § 3 Abs. 3 VersAusglG findet bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren ein Versorgungsausgleich nur statt, wenn ein Ehegatte dies beantragt. Liegt kein Antrag vor, so wird der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt.
Lesen Sie dazu mehr folgende Rechtsfrage: Ist der Versorgungsausgleich bei kurzer Ehezeit ausgeschlossen?
fehlende Ausgleichsreife
Ein Wertausgleich findet nicht statt, soweit ein Anrecht nicht ausgleichsreif ist (§ 19 Abs. 1 VersAusglG). Unter welchen Voraussetzungen ein Anrecht noch nicht ausgleichsreif ist, bestimmt sich nach § 19 Abs. 2 VersAusglG. Praktische Relevanz hat die Vorschrift vor allem auf verfallbare Betriebsrenten, Anrechte bei ausländischen Versorgungsträgern oder Beamte, die durch den Wertausgleich bei der Scheidung Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten würden, jedoch die allgemeine Wartezeit für den Bezug einer gesetzlichen Rente voraussichtlich nicht mehr erfüllen werden.
Geringfügigkeit
Ist die Differenz der Ausgleichswerte der beiderseitigen Anrechte gleicher Art gering, findet ein Versorgungsausgleich nicht statt (§ 18 Abs. 1 VersAusglG). Dies gilt ebenfalls für einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert (§ 18 Abs. 2 VersAusglG). Die Vorschrift soll verhindern, dass zum einen die Eheleute nach der Scheidung über viele „Mini-Anrechte“ verfügen, deren Verwaltung zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand führen und zum anderen es zu einem wirtschaftlich sinnlosen Hin-und-her-Ausgleich der beiderseitigen Anrechte kommt.
grobe Unbilligkeit
Die Durchführung des Versorgungsausgleichs ist ausgeschlossen, soweit er grob unbillig ist (§ 27 VersAusglG). Dies kann etwa bejaht werden, bei einer Verletzung der Unterhalts-pflicht gegenüber dem Ehegatten und dem gemeinsamen Kind während der Ehezeit oder wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte erwerbsunfähig ist und der andere Ehegatte die Möglichkeit zum Ausbau seiner Rentenansprüche durch weitere Berufstätigkeit hat.
Lesen Sie dazu mehr folgende Rechtsfrage: Kann der Versorgungsausgleich wegen grober Unbilligkeit ausgeschlossen sein?
Vereinbarung
Der Versorgungsausgleich kann zudem durch eine Vereinbarung zwischen den Eheleuten ausgeschlossen oder beschränkt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG). Die Vereinbarung bedarf der notariellen Beurkundung (§ 7 Abs. 1 VersAusglG). Soll der Ausschluss oder die Beschränkung im Rahmen eines Ehevertrags vereinbart werden, muss dies bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Ehegatten vor einem Notar geschehen (§ 7 Abs. 3 VersAusglG, § 1410 BGB). Die Vereinbarung kann zudem mittels eines gerichtlichen Vergleichs getroffen werden (§ 7 Abs. 2 VersAusglG, § 127a BGB). Dazu müssen aber beide Ehegatten anwaltlich vertreten sein.
Über den Autor des Artikels:
Der Autor ist Rechtsanwalt in Berlin. Rechtsanwalt Binder ist deutschlandweit im Scheidungsrecht tätig und betreibt mit seiner Kanzlei die Scheidungsinfoseite scheidung.services.