Verhinderung Scheidung24.01.2018

Kann eine Scheidung trotz Vorliegens der Scheidungs­voraus­setzungen verhindert werden?

Es kann vorkommen, dass ein Ehegatte mit den Scheidungs­plänen des anderen Ehegatten nicht einverstanden ist. Besteht in diesem Fall die Möglichkeit die Scheidung zu verhindern?

Kann eine Scheidung trotz Vorliegens der Scheidungs­voraus­setzungen verhindert werden?

Eine Scheidung ist bei Vorliegen sämtlicher Scheidungs­voraus­setzungen von einem Ehegatten grund­sätzlich nicht zu verhindern. Durch die Weigerung der Scheidung zuzustimmen, kann der scheidungs­unwillige Ehegatte lediglich die Scheidung hinaus­zögern. Denn reicht es für eine ein­vernehmliche Scheidung ein Jahr getrennt zu leben, benötigt man bei einer nicht ein­vernehmlichen Scheidung drei Trennungs­jahre. Nach Ablauf dieser drei Jahre kann der scheidungs­willige Ehegatte aber trotz Widerstands des anderen Ehegatten die Scheidung durchziehen.

Kann eine Ehe­scheidung in besonderen Härte­fällen ausgeschlossen sein?

Gemäß § 1568 BGB kann im Ausnahmefall eine Ehe trotz Vorliegens der Scheidungs­voraus­setzungen nicht geschieden werden. Nach dieser Vorschrift kann eine Scheidung in zwei Härte­fällen ausgeschlossen sein.

  • entgegen­stehende Kindes­interessen

    Eine Scheidung kann ausgeschlossen sein, wenn die Aufrechter­haltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervor­gegangenen minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen aus­nahmsweise notwendig ist. Erforderlich ist eine wesentliche Ver­schlechterung der Kindes­verhält­nisse durch die Scheidung, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Kindeswohls führt (Bsp.: Kind droht im Falle der Scheidung mit Selbstmord – Oberlandes­gericht Hamburg, Urteil vom 17.12.1985, Az. 2 UF 209/83 R + U). Nicht ausreichend sind daher alle mit der Trennung verbundenen nachteiligen Folgen für die Kinder, wie etwa Probleme mit dem Unterhalt oder dem Umgangs­recht.

  • Härte für den anderen Ehegatten

    Die Aufrechter­haltung der Ehe ist auch dann aus­nahmsweise geboten, wenn die Scheidung für den anderen Ehegatten aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine schwere Härte darstellen würde. Nicht ausreichend sind die üblichen mit der Trennung oder Scheidung verbundenen Nachteile, wie etwa die psychische Belastung, die Ver­schlechterung der Lebenssituation oder der Verlust der Ehewohnung.

    Hier einige Beispiele in denen ein Härtefall bejaht wurde:

    o Suizid­gefahr des minderjährigen gemeinsamen Kindes (Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 17.12.1985, Az. 2 UF 209/83)

    o Suizid­gefahr des scheidungs­unwilligen Ehegatten (Oberlandesgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.12.2005, Az. 15 UF 85/05)

    o 85-jähriger Ehemann ist in seinen letzten Lebens­jahren sowie teilweise gelähmt und pflege­bedürftig (Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 14.05.2002, Az. 18 UF 519/01)

    o im Pflegeheim befindliche Ehefrau verliert durch Scheidung Aufenthalts­recht in Deutschland (Amtsgericht Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Beschluss vom 27.03.2014, Az. 177 F 10637/13)

Zu beachten ist, dass der Ausschluss der Scheidung aufgrund eines Härtefalls nicht auf Dauer gilt. Die Ehe soll vielmehr nur vorüberg­ehend aufrechterhalten werden, bis der Härtefall wegfällt. Dem Betroffenen soll die Möglichkeit gegeben werden, sich auf die veränderte Lebenssituation nach der Ehe einzustellen.

Über den Autor des Artikels:
Der Autor ist Rechtsanwalt in Berlin. Rechtsanwalt Binder ist deutschland­weit im Scheidungs­recht tätig und betreibt mit seiner Kanzlei die Scheidungs­info­seite scheidung.services.

Quelle:refrago/rb
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