Ist eine Scheidung ohne Anwesenheit vor Gericht möglich?
Lässt sich eine Ehepaar scheiden, so kann es vorkommen, dass ein Ehepartner nicht vor Gericht erscheinen will. Möglicherweise verweigert er die Scheidung und möchte daher nicht vor Gericht erscheien oder er lebt weit entfernt von dem Ort an dem die Scheidung vor Gericht verhandelt wird. So stellt sich die Frage, ob eine Scheidung auch ohne Anwesenheit vor Gericht möglich ist?
Das Scheidungsverfahren ist weitgehend durch schriftliche Korrespondenz zwischen dem Gericht und den beteiligten Ehepartnern geprägt. Am Ende des Verfahrens steht der Scheidungstermin vor dem Familiengericht. Gemäß § 128 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen) lädt das Gericht beide Ehepartner zu diesem Termin, um sie persönlich anzuhören. Sie erhalten eine förmliche Ladung des Gerichts, der sie Folge leisten müssen. Es besteht also für beide Ehegatten eine Anwesenheitspflicht vor Gericht.
Warum müssen beide Ehepartner im Scheidungstermin erscheinen?
In der persönlichen Anhörung befragt das Gericht die Ehepartner zu den Scheidungsvoraussetzungen. So sollen die Ehepartner dem Gericht bei einer einvernehmlichen Scheidung persönlich mitteilen, ob sie die Ehe für gescheitert halten oder ob sie eine Möglichkeit sehen, die eheliche Lebensgemeinschaft wieder herzustellen.
Auch die Rechtsanwälte, die die Ehepartner im Scheidungsverfahren vertreten, müssen zu dem Termin erscheinen. Bei einer einvernehmlichen Scheidung reicht es aus, wenn sich der Antragsteller von einem Anwalt vertreten lässt und mit diesem vor Gericht erscheint. Erscheint der Anwalt nicht, kann der Scheidungstermin nicht durchgeführt werden. Das Gericht bestimmt in diesem Fall einen neuen Termin.
Ausnahmen von der Anwesenheitspflicht aufgrund großer Entfernung vom Gericht
Für den Fall, dass ein Ehegatte am Erscheinen verhindert ist oder sich „in so großer Entfernung vom Sitz des Gerichts“ aufhält, „dass ihm das Erscheinen nicht zugemutet werden kann“, kann das Gericht gemäß § 128 Absatz 3 FamFG als Alternative zur persönlichen Ladung die Anhörung oder Vernehmung durch einen ersuchten Richter anordnen.
Was passiert, wenn ein Ehepartner nicht zum Scheidungstermin erscheint?
Der gerichtlichen Ladung zum Scheidungstermin müssen die Ehegatten nachkommen. Erscheint einer der Ehegatten nicht, so kann das Gericht dies mit Zwangsmaßnahmen ahnden. § 33 Absatz 3 FamFG ermöglicht es dem Gericht, gegen den Ehepartner, der unentschuldigt nicht zum Scheidungstermin erscheint, ein Ordnungsgeld zu verhängen. Dieses kann bis zu 1.000 Euro betragen. Gemäß § 128 Absatz 4 FamFG in Verbindung mit § 380 Absatz 1 ZPO kann das Gericht dem nicht erschienenen Ehepartner ferner die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegen.
Die Festsetzung von Ordnungsgeld kann wiederholt werden, wenn der Ehepartner zu einem neuen Termin ebenfalls nicht erscheint. Bei wiederholtem Fernbleiben kann das Gericht die Vorführung des Ehepartners durch den Gerichtsvollzieher anordnen.
In begründeten Fällen kann Verlegung des Scheidungstermins beantragt werden
Diese Zwangsmittel gelten aber nur für die unentschuldigte Abwesenheit. Wer die Ladung zum Scheidungstermin erhält und einen berechtigten Grund geltend machen kann, aus dem er verhindert ist, den Termin wahrzunehmen, kann bei Gericht beantragen, den Termin zu verlegen. Ein berechtigter Grund kann beispielsweise in einer bereits gebuchten und bezahlten Urlaubsreise liegen. Der Antrag auf Terminsverlegung sollte aber rechtzeitig gestellt werden. Wichtig ist: So lange das Gericht den angesetzten Scheidungstermin nicht aufgehoben hat, besteht Anwesenheitspflicht.
Auch eine zur Verhandlungsunfähigkeit führende Erkrankung kann das Fernbleiben vom Scheidungstermin rechtfertigen. Die Verhandlungsunfähigkeit muss dem Gericht allerdings nachgewiesen werden (etwa durch ärztliches Attest). Im Zweifel kann das Gericht ein amtsärztliches Attest einfordern.
Wie wirkt sich das Nichterscheinen im Termin auf das Scheidungsverfahren aus?
Die Verhängung von Zwangsmitteln gegen einen im Scheidungstermin säumigen Ehepartner soll den ordnungsgemäßen Ablauf des Scheidungsverfahrens erzwingen. Das Nichterscheinen kann sich aber auch in prozessualer Hinsicht auf den weiteren Verlauf des Scheidungsverfahrens auswirken. Dabei ist zwischen dem Nichterscheinen des Antragstellers (der Ehepartner, der den Antrag auf Scheidung stellt) und des Antragsgegners zu unterscheiden.
Prozessuale Folgen bei Nichterscheinen des Antragstellers
Wenn der Antragssteller fehlt, kann das Gericht, da ja kein Scheidungsantrag gestellt werden kann, nicht die Scheidung der Ehe beschließen. Der Antragsgegner kann vielmehr Antrag auf Erlass einer Versäumnisentscheidung durch das Gericht stellen. Der Scheidungsantrag gilt in diesem Fall als zurückgenommen. Diese Rücknahme erstreckt sich gemäß § 141 FamFG zugleich auf die Folgesachen des Scheidungsverfahrens.
Wenn bereits in einem früheren Gerichtstermin verhandelt wurde (was eher die Ausnahme sein dürfte) kann auch eine Entscheidung nach Lage der Akten ergehen. Denkbar ist dies beispielsweise bei beidseitigem Scheidungsantrag der Ehepartner und unstreitigem Sachverhalt. In diesem Fall kann das Gericht die Ehe trotz Fernbleibens des einen Ehegatten scheiden.
Wie geht das Scheidungsverfahren bei Nichterscheinen des Antragsgegners weiter?
Die prozessualen Folgen des Ausbleibens des Antragsgegners sind etwas anders. Bei seinem Ausbleiben kann weder eine Versäumnisentscheidung noch eine Entscheidung nach Aktenlage ergehen (§ 130 Absatz 2 FamFG).
Das Gericht muss vielmehr einen neuen Scheidungstermin bestimmen und den säumigen Antragsgegner zu diesem Termin laden (eventuell verbunden mit der Festsetzung eines Ordnungsgeldes sowie bei mehrfachem Nichterscheinen der Anordnung der Vorführung des Antragsgegners).
Erscheint der Antragsgegner auch zu einem weiteren Termin nicht, ohne dies zu entschuldigen, so kann das Gericht dieses wiederholte Fernbleiben unter Umständen auch als Anhörungsverweigerung und Bestätigung der Zerrüttung der Ehe werten. In diesem Fall kann das Gericht trotz Nichterscheinens des Antragsgegners die Ehe scheiden. Dies ist aber nur bei einem unstreitigen Sachverhalt möglich, aus dem sich das Scheitern der Ehe ergibt. Andernfalls muss das Gericht erneut einen Termin festsetzen und mit den gesetzlichen Zwangsmitteln das Erscheinen des Antragsgegners durchsetzen.
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