Gebrauch des Fahrzeugs09.07.2018

Was bedeutet die Benzin­klausel in der Privat­haftpflicht­versicherung?

In jeder Privat­haftpflicht­versicherung gibt es die sogenannte Benzin­klausel. Sie kann beispiels­weise wie folgt lauten: „Nicht versichert [ist] die Haftpflicht des Eigen­tümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kraft­fahrzeugs [...] wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden“. Kommt es im Zusammenhang mit einem Fahrzeug zu einem Schadens­fall, kann es passieren, dass sich die Versicherung auf die Klausel beruft und eine Schadens­regulierung ablehnt. Doch was bedeutet die Benzin­klausel und in welchen Fällen greift sie?

Was bedeutet die Benzin­klausel in der Privat­haftpflicht­versicherung?

Die Benzin­klausel in der Privat­haftpflicht­versicherung soll eine Über­schneidung mit der Kfz-Haftpflicht­versicherung und somit eine Doppel­versicherung ausschließen. Dies hat folgenden Hintergrund:

Wer über ein Fahrzeug verfügt, muss in Deutschland eine Kfz-Haftpflicht­versicherung abschließen. Diese deckt Schäden Dritter ab, die im Zusammenhang mit dem Gebrauch des Fahrzeugs entstehen. Solche Schäden könnten aber auch unter der Privat­haftpflicht­versicherung fallen und somit zu einer Über­schneidung führen. Um dies zu verhindern, gibt es die Benzin­klausel. Danach greift die Privat­haftpflicht­versicherung nicht, wenn der Schaden im Zusammenhang mit dem Gebrauch eines Fahrzeugs entstand. Für solche Schäden soll eben die Kfz-Haftpflicht einstehen.

In der Praxis hat es sich aber als äußerst schwierig erwiesen, eine Abgrenzung zu beiden Versicherungen vorzunehmen. So ist nicht immer eindeutig fest­zustellen, ob ein Schaden nun durch den Fahrzeug­gebrauch entstanden ist oder nicht.

In welchen Fällen greift die Benzin­klausel?

In welchen Fällen die Benzin­klausel greift, ist daher je nach Einzelfall zu beurteilen. Da die Beurteilung der Versicherung jedoch nicht selten anders ausfällt als die Wertung des Versicherungs­nehmers, bleibt es den Gerichten überlassen eine Entscheidung zu fällen.

In folgenden Fällen haben die Gerichte die Anwendung der Benzin­klausel bejaht:

  • Motor­schaden aufgrund Falsch­betankung des Fahrzeugs

    Wer ein Fahrzeug in Betrieb setzt und es betankt, gebraucht das Fahrzeug. Kommt es daher aufgrund einer Falsch­betankung zu einem Motor­schaden, kann sich die Versicherung erfolgreich auf die Benzin­klausel berufen. Denn der Schaden ist im Zusammenhang mit dem Betrieb des Fahrzeugs entstanden (Landgericht Duisburg, Urteil vom 05.07.2006, Az. 11 O 105/05).

  • Wegrollender Einkaufs­wagen während des Beladens des Fahrzeugs verursacht Schaden

    Da zum Gebrauch des Fahrzeugs auch das Be- oder Entladen sowie die unmittelbare Vorbereitung dazu gehören, konnte sich die Versicherung auf die Benzin­klausel berufen und musste den Schaden nicht regulieren (Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 05.09.2003, Az. 301 C 769/03).

  • Fehlerhafte Absicherung des Fahrzeugs nach dem Parken führte zum Losrollen des Fahrzeugs und dadurch zu einem Schaden

    Die Absicherung eines PKW nach dem Parken gehört zum Gebrauch eines Fahrzeugs. Daher stellt das Losrollen eine gebrauchs­spezifische Gefahr dar. Die Haft­pflicht­versicherung war somit aufgrund der Benzin­klausel von der Leistungs­pflicht befreit (Landgericht Bremen, Urteil vom 12.07.2012, Az. 6 S 324/11).

  • Fahrzeug gerät in Brand nachdem Hobby­bastler das Fahrzeug nach vermeint­licher Reparatur startet

    Das Gericht sah in diesem Verhalten ein Gebrauchen des Fahrzeugs und bejahte daher die Anwendung der Benzin­klausel (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 27.06.2008, Az. I-4 U 191/07).

  • Während des Schiebens des nicht fahr­bereiten und ab­gemeldeten Pkw wird ein anderes Fahrzeug beschädigt

    Dass Schieben eines nicht fahr­bereiten Pkw zwecks Abholung zur Reparatur oder Entsorgung, gehört zu den typischen Risiken, die mit dem Gebrauch des Fahrzeugs in seiner Eigenschaft als Fort­bewegungs­mittel einhergehen. Kommt es beim Schieben zu einer Kollision, ver­wirklicht sich ein typisches mit dem Gebrauch eines Pkw einher­gehendes Risiko. Unerheblich ist dabei, ob das Fahrzeug zugelassen ist oder über einen Motor verfügt (Amtsgericht Mönchengladbach, Urteil vom 08.10.2015, Az. 29 C 905/15).

In folgenden Fällen wurde die Anwendung der Benzin­klausel verneint:

  • Versuch der Enteisung des PKW mit Hilfe eines Heiz­lüfters verursacht Brand­schaden

    Der Bundes­gerichts­hof verneinte in diesem Fall die Anwendung der Benzin­klausel. Denn der Schaden sei nicht durch den Gebrauch des Fahrzeugs, sondern durch den Gebrauch des Heiz­lüfters entstanden. Es habe sich nicht das Gebrauchs­risiko des Fahrzeugs, sondern die des Heiz­lüfters realisiert (Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.12.2006, Az. IV ZR 120/05, anders noch die Vorinstanz: Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 28.04.2005, Az. 19 U 33/05).

  • Jagdhund entwischt aus Auto und beißt Pferd

    Da sich das vom Hund ausgehende Risiko und nicht das vom Fahrzeug ausgehende Risiko ver­wirklichte, ist der Schaden nicht durch Gebrauch eines Fahrzeugs entstanden. Die Benzin­klausel kam daher nicht zur Anwendung (Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 07.12.2006, Az. 12 U 133/06).

  • Ungewollter Motorstart durch minder­jähriges Kind setzt Fahrzeug in Bewegung und verursacht Schäden

    In dem Fall wollte ein minder­jähriges Kind Autoradio hören. Sie drehte daher an dem Zünd­schlüssel und setzte dabei versehentlich den Motor in Gang. Das Gericht sah darin kein Fahrzeug­gebrauch. Denn das Kind habe nicht den Motor starten wollen, um das Fahrzeug in Bewegung zu setzen, sondern die Batterie als Energie­quelle zu nutzen (Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 03.03.2005, Az. 8 W 9/05).

  • Entflohenes Wild verursacht Schäden aufgrund Offenlassen des Gatters durch PKW-Fahrer

    Da das Offenlassen des Tors für den Gebrauch des Fahrzeugs keine Rolle spielte, sind die Schäden durch das Wild nicht im Zusammenhang mit dem Fahrzeug­gebrauch entstanden. Die Benzin­klausel griff daher nicht (Landgericht Kaiserslautern, Urteil vom 14.10.2008, Az. 1 S 16/08).

  • PKW-Beschädigung durch weg­rollenden Einkaufs­wagen noch vor Beladen des Fahrzeugs

    Da ein Beladen des Fahrzeugs noch nicht stattgefunden hatte, enstand der Schaden nicht durch den Gebrauch eines Fahrzeugs (Landgericht Limburg an der Lahn, Urteil vom 21.07.1993, Az. 3 S 263/92).

  • Beschädigung einer Hebebühne während eines Reifen­wechsels

    Kommt es während eines Reifen­wechsels zu einer Beschädigung der Hebebühne, weil ein abgelegter Reifen im Lot des Hebearms stand, so besteht Schutz durch die Privathaft­pflicht­versicherung. Die Benzin­klausel greift in diesem Fall nicht, da sich nicht das Gebrauchs­risiko des Fahrzeugs, sondern das Risiko der Hebebühne ver­wirklicht hat. (Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 23.05.2014, Az. 9 S 460/13).

Quelle:refrago/rb
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2 Gedanken zu „Was bedeutet die Benzin­klausel in der Privat­haftpflicht­versicherung?

  • 10. Juli 2018 um 7:48 Uhr
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    Wird das Fahrzeug zum Verschrotten bereit gestellt, dann ist es sicher nicht versichert. Der Schädiger muss den Schaden selbst bezahlen. Will man keine Überschneidung beider Versicherungen, so wäre es ausreichend, wenn die Privathaftpflichtversicherung subsidär leisten würde. Ansonsten entsteht eine Versicherungslücke.

    Antwort
  • 5. Februar 2017 um 9:58 Uhr
    Permalink

    gibt es ein urteil über einen betankungsfehler? wenn man z.b. "vergißt" die zapfpistloe zu entfernen.

    Antwort

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