Nachbarrechte26.08.2024

Was sind Hammer­­schlags­recht und Leiter­recht?Darf mein Nachbar mein Grundstück einfach so benutzen?

Für bestimmte Bauarbeiten oder Reparaturen kann es notwendig sein, dass man als Eigentümer das Grundstück des Nachbarn betreten muss. Unter welchen gesetzlichen Regelungen ist das möglich?

Im nachbar­schaftlichen Zusammen­leben ist es oftmals erforderlich, Reparaturen am eigenen Haus vom Nachbar­grundstück aus vorzunehmen, etwa weil das eigene Haus auf die Grenze gebaut ist. Seit jeher müssen Grund­besitzer ihren Nachbarn unter gewissen Voraus­setzungen das Betreten und sogar das Nutzen ihrer Grund­stücke gestatten. Hier sind das Hammer­schlags­recht und das Leiterrecht zu nennen, dessen Grundsätze in den jeweiligen Nachbar­rechts­gesetzen der Bundes­länder geregelt sind. Doch was steckt genau dahinter?

Was beinhaltet das Hammer­schlags­recht?

Das Hammer­schlags­recht erlaubt das Betreten eines Nachbar­grundstücks, um von dort aus am eigenen Gebäude Reparaturen auszuführen.

Was umfasst das Leiterrecht?

Das Leiterrecht gestattet es dem Nachbar sogar Leitern oder Baugerüste auf dem Nachbar­grundstück aufzustellen, um vor dort aus das eigene Haus zu reparieren. Wenn keine anderweitige Möglichkeit besteht, dürfen im Rahmen des Leiter­rechts sogar Bau­materialien auf dem Nachbar­grundstück gelagert werden.

Darf mein Nachbar mein Grundstück einfach so benutzen?

Hammer­schlags- und Leiterrecht gelten nur dann, wenn ein ander­weitiges Reparieren des eigenen Hauses schlichtweg nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre. Außerdem müssen die Reparatur­arbeiten wichtig sein, sie müssen rechtzeitig angekündigt werden und ihre Durchführung darf den in Anspruch genommenen Nachbarn nicht unverhältnismäßig belasten.
Mit anderen Worten darf ein Hammer­schlags- und Leiterrecht nur für anders nicht sinnvoll aus­führbare Arbeiten in Anspruch genommen werden, deren Durchführung wichtiger ist, als das Recht eines Nachbarn an seiner eigenen ungestörten Grund­stücks­nutzung. Oberstes Gebot ist also die größtmö­gliche Rücksicht­nahme. Wie rechtzeitig ein Hammer­schlags- und Leiterrecht angekündigt werden müssen, hängt von der Art der Arbeiten (z.B. dringende Reparatur von unerwarteten Sturm­schäden) und dem Maß der Beeinträchtigung ab.
Schließlich kann im Zusammenhang mit der Ausübung von Hammer­schlags- und Leiterrecht eine Schaden­ersatz­pflicht begründet werden. Weitere Voraus­setzungen des Hammer­schlags- und Leiter­rechts ergeben sich aus den Nachbar­schafts­gesetzen und Regelungen der einzelnen Länder.

Was sind die Grenzen von Hammer­schlags- und Leiterrecht?

Wenn ein Grund­stücks­eigentümer seinem Nachbarn das Hammer­schlags- und Leiterrecht verweigert, darf der Nachbar die Rechte nicht einfach eigenmächtig ausüben, sondern muss eine gerichtliche Entscheidung herbei­führen. Wurde das Hammer­schlags- und Leiterrecht zu Unrecht verweigert und ist hierdurch ein Schaden entstanden (z.B. weil ein Schaden dringend hätte repariert werden können und müssen), so kann der Verweigerer schaden­ersatz­pflichtig sein.
Nicht vom Hammer­schlags- und Leiterrecht ist eine dauerhafte Inanspruch­nahme des Nachbar­grundstücks, z.B. im Zusammenhang mit einer Wärme­isolierung. Zwar darf zum Anbringen einer Wärmed­ämmung das Nachbar­grundstück im Rahmen des Hammer­schlags- und Leiter­rechts genutzt werden. Eine dauerhafte Überbauung des Nachbar­grundstücks durch die Wärmed­ämmung richtet sich aber nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

So hat z.B. der Bundes­gerichts­hof im Juni 2017 entschieden, dass ein Grundstücks­eigentümer nicht nach § 16a Abs. 1 NachbG Bln eine die Grundstücks­grenze über­schreitende Wärmed­ämmung einer Grenzwand dulden muss, mit der der benachbarte Grundstücks­eigentümer erstmals die Anforderungen der bei der Errichtung des Gebäudes bereits geltenden Energie­einspar­verordnung (EnEV) erfüllt. Die Frage, ob die Vorschrift des § 16a NachbG Bln verfassungs­gemäß ist, ist offen geblieben (Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.06.2017, Az. V ZR 196/16).

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