Aufhebungsvertrag07.01.2022

Worauf muss man als Arbeitnehmer bei einem Aufhebungsvertrag achten?Ist ein Aufhebungsvertag einer Kündigung vorzuziehen? Über die Vor- und Nachteile des Aufhebungsvertrages

Unbefristete Arbeitsverhältnisse können auf zwei Weisen beendet werden: Entweder durch (einseitige) Kündigung oder durch Abschluss eines einvernehmlichen Aufhebungsvertrags zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Doch was ist bei einem Aufhebungsvertrag rechtlich zu beachten und was sind die Vorteile bzw. Nachteile eines Aufhebungsvertrages?

Mit dem Aufhebungsvertrag (teilweise auch Beendigungsvertrag oder Auflösungsvertrag genannt) vereinbaren Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsvertrags zu bestimmten Konditionen, auf die sie sich idealerweise im Lauf der Vertragsverhandlungen einigen können. Wichtigster Vertragsinhalt ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitsvertrag beendet wird. Geregelt werden können auch Modalitäten wie die Frage, wie das Arbeitsverhältnis bis zur endgültigen Beendigung aufgrund des Aufhebungsvertrags ausgestaltet wird – etwa ob der Arbeitnehmer für diese Zeit von der Arbeit freigestellt wird, um nach einem neuen Arbeitsplatz zu suchen. Auch sollte geregelt werden, wie mit Resturlaub verfahren wird und ob eine Abfindung gezahlt werden soll.

Aufhebungsvertrag niemals ohne sorgfältige Prüfung unterschreiben

Auch wenn der Gesetzgeber bei Verträgen wie dem Aufhebungsvertrag von dem Idealbild des freiwillig vereinbarten Vertrags zweier gleichermaßen freien Parteien ausgeht, sieht die Realität im Arbeitsrecht doch eher so aus, dass zumeist der Arbeitgeber einem Mitarbeiter, von dem er sich ohnehin trennen will, einen bereits fertig formulierten Aufhebungsvertrag zur Unterschrift vorlegt. Das Ergebnis freier Vertragsverhandlungen ist ein solcher Aufhebungsvertrag somit zumeist nicht.

Deshalb sollten Arbeitnehmer unbedingt einen ihnen vorgelegten Aufhebungsvertrag sehr sorgfältig prüfen und keinesfalls „blind“ unterschreiben. Denn dafür steht für sie zu viel auf dem Spiel. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der betroffene Arbeitnehmer eigentlich gar nicht mit dem Jobverlust einverstanden ist. Die rechtliche Ausgangslage ist aufgrund des hohen Arbeitnehmerschutzes in Deutschland oftmals gar nicht so schlecht für Arbeitnehmer. Möglicherweise kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer gar nicht gegen dessen Willen so schnell aus dem Unternehmen bekommen. Eine Kündigung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber ist gar nicht so einfach.

Arbeitgeber können mit Aufhebungsvertrag gesetzlichen Kündigungsschutz umgehen

Denn in Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitern gilt in Deutschland das recht strikte Kündigungsschutzgesetz. Danach kann Arbeitnehmern nur bei Vorliegen eines gesetzlich bestimmten Kündigungsgrunds gekündigt werden, nämlich wenn der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag nicht erfüllt (verhaltensbedingte und personenbedingte Kündigung) oder wenn der Arbeitsplatz in dem Unternehmen insgesamt wegfällt (betriebsbedingte Kündigung).

Zudem gelten in Deutschland teils recht lange Kündigungsfristen. Die Länge der Kündigungsfrist hängt von der Dauer der Betriebszugehörigkeit ab und reicht gemäß § 622 BGB von mindestens 2 Wochen während der Probezeit bis zu 7 Monaten bei 20-jähriger Betriebszugehörigkeit.

An gesetzliche Kündigungsfrist denken

Bei einer Kündigung kann der Arbeitgeber die gesetzliche Kündigungsfrist nicht rechtlich wirksam verkürzen. Jedoch kann die Kündigungsfrist vollständig umgangen werden, wenn der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, der einen kürzeren Beendigungszeitpunkt vorsieht. Denn der von beiden Seiten unterschriebene Aufhebungsvertrag stellt eine in der Regel wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar, gegen die sich der Arbeitnehmer im Nachhinein kaum noch vor Gericht wehren kann. Eine Anfechtungsmöglichkeit besteht nur in absoluten Ausnahmefällen, etwa wenn der Arbeitnehmer unter Zwang oder Täuschung unterschrieben hat.

Nachteile des Aufhebungsvertrags

Mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags kann somit die gesetzliche Kündigungsfrist umgangen werden. Zudem kann der Aufhebungsvertrag im Nachhinein kaum rechtlich angegriffen werden – ganz im Gegensatz zur einseitigen Kündigung durch den Arbeitgeber. Gegen diese können Arbeitgeber innerhalb von drei Wochen nach Zustellung der Kündigungserklärung eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben. In dem gerichtlichen Kündigungsschutzverfahren überprüft das Arbeitsgericht sodann die Kündigung auf ihre rechtliche Wirksamkeit – insbesondere ob die Kündigung formal überhaupt wirksam ist, ob ein ausreichender Kündigungsgrund vorliegt, und ob die geltende Kündigungsfrist eingehalten wurde. Ist dies nicht der Fall, stellt das Gericht die Unwirksamkeit der Kündigung und das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses zu den alten Bedingungen fest.

Ein weiterer Nachteil des Aufhebungsvertrags ist, dass der Betriebsrat nicht beteiligt wird. Auch dieses in Unternehmen mit Betriebsrat bestehende Korrektiv zugunsten der Arbeitnehmer wird durch den Aufhebungsvertrag umgangen.

Bei Aufhebungsvertrag droht Sperrzeit des Arbeitslosengeldes

Der Aufhebungsvertrag birgt aus Sicht der Arbeitnehmer ein weiteres nicht unbeachtliches Risiko: Es droht eine Sperrzeit des Arbeitslosengeldes bei der Agentur für Arbeit. Löst nämlich der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund das Arbeitsverhältnis auf, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld I für die Dauer der Sperrzeit von bis zu 12 Wochen. Die Arbeitsagentur stellt den Aufhebungsvertrag der Kündigung durch den Arbeitnehmer gleich – denn auch der Abschluss des Aufhebungsvertrags unterliegt der freien Willensentscheidung des Arbeitnehmers.

Ein wichtiger Grund, bei dem das Arbeitslosengeld nicht gesperrt wird, kann hingegen vorliegen, wenn das Arbeitsverhältnis auch ohne den Aufhebungsvertrag (durch wirksame Kündigung des Arbeitgebers oder bei Auslaufen eines befristeten Arbeitsvertrags) beendet worden wäre und diese Kündigung gegenüber dem Aufhebungsvertrag nachteilig gewesen wäre. Die Sperrzeit kann auch entfallen, wenn aufgrund eines bereits in Aussicht stehenden neuen Jobs gekündigt wurde. Auch wer aufgrund nachweisbarer gesundheitlicher Probleme den Arbeitsplatz aufgibt, kann um eine Sperrzeit herumkommen. Ebenso kann die Sperrzeit entfallen, wenn man seinen Job aufgibt, um einen nahen Angehörigen zu pflegen (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 12.12.2018, Az. L 13 AS 162/17).

Vorteile und Nachteile des Aufhebungsvertrags gründlich abwägen

Wer also nicht ohnehin das Unternehmen verlassen will, sollte sich sehr genau überlegen, ob ein Aufhebungsvertrag wirklich unterschrieben werden sollte. In vielen Fällen stehen Arbeitnehmer rechtlich besser da, wenn sie es auf die einseitige Kündigung durch den Arbeitgeber ankommen lassen, gegen die sie sich rechtlich noch per Kündigungsschutzklage vor Gericht zur Wehr setzen können.

Zudem darf nicht vergessen werden, dass ein Aufhebungsvertrag noch keinen rechtskräftigen und zur Zwangsvollstreckung berechtigenden Titel darstellt. Zahlt der Arbeitgeber die in einem Aufhebungsvertrag versprochene Abfindung nicht freiwillig aus, so muss die Abfindungszahlung zunächst per Zahlungsklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht eingeklagt werden. Der Arbeitnehmer muss in diesem Fall also immer noch ein Gerichtsverfahren führen, so dass auch in diesem Punkt kein Vorteil gegenüber der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung des Arbeitgebers besteht (gegen die der Arbeitnehmer ja Kündigungsschutzklage erheben kann).

Vorteile des Aufhebungsvertrags

Es gibt aber auch Konstellationen, in denen der Abschluss eines Aufhebungsvertrag für den Arbeitnehmer vorteilhaft ist. Dies kommt selbstverständlich auf die konkreten Regelungen des individuellen Aufhebungsvertrags an. Der Arbeitnehmer muss sich fragen, ob er bei Abschluss des Aufhebungsvertrags besser dasteht als bei Kündigung durch den Arbeitgeber. Entscheidendes Kriterium wird in vielen Fällen die vereinbarte Abfindung sein, bei deren Bewertung der Arbeitnehmer unbedingt die drohende Sperre des Arbeitslosengeldes durch die Arbeitsagentur berücksichtigen muss.

Ein Vorteil des Aufhebungsvertrags ist auch der „Clean Cut“, der durch diesen herbeigeführt wird. Anders als bei der Kündigung, gegen die sich der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht zur Wehr setzen kann, wird mit einem Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis beidseitig wirksam beendet und somit eine Phase der Rechtsunsicherheit während eines Kündigungsschutzprozesses vermieden. Dies kann – insbesondere für den ohnehin wechselwilligen Arbeitnehmer – auch eine Entlastung bedeuten, da in diesem Fall alle Kräfte dem Neuanfang gewidmet werden können – und nicht einer Rechtsstreitigkeit. Diese Rechtssicherheit sollte aber in jedem Fall durch eine ausreichende Abfindung finanziell unterfüttert werden. Mit dem Aufhebungsvertrag verabschieden sich Arbeitnehmer immerhin freiwillig von ihrem bestehenden Arbeitsverhältnis und verzichten zugleich auf die andernfalls mögliche Klärung der Rechtslage vor dem Arbeitsgericht und riskieren zudem die Gefahr der Sperrzeit des Arbeitslosengeldes.

Beendigungsmodalitäten des Arbeitsverhältnisses in Aufhebungsvertrag umfassend regeln

Der Aufhebungsvertrag sollte eine Reihe von wichtigen Vereinbarungen enthalten. So muss bei Abschluss des schriftlichen Aufhebungsvertrags unbedingt darauf geachtet werden, dass neben der klaren Benennung des Beendigungszeitpunkts die Höhe der Abfindung sowie der Zeitpunkt der Abfindungszahlung angegeben werden. Auch sollten noch ausstehende Lohnansprüche, Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld geregelt werden. Insbesondere variable Sonderzahlungen wie leistungsabhängige oder an bestimmte Stichtage geknüpfte Bonuszahlungen sollten klar beziffert werden. Mit dem Arbeitgeber sollte auch die Frage der Freistellung des Arbeitnehmers bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses geklärt werden. Die Freistellung kann für beide Seiten sinnvoll und ein Gebot der Fairness sein. So vermeidet auf der einen Seite der Arbeitgeber, einen wegen des bevorstehenden Arbeitsendes möglicherweise ohnehin wenig motivierten Arbeitnehmer im Haus zu haben, und zum anderen benötigt dieser vielleicht die Zeit, die er dadurch gewinnt, um einen neuen Arbeitsplatz zu suchen und sich zu bewerben.

Nicht vergessen werden sollte auch eine Regelung zu noch nicht genommenen Urlaubstagen und unausgeglichenen Überstundenkonten. Diese können bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses genommen bzw. mit der Freistellung abgegolten werden, oder es kann eine Vergütung in Geld vereinbart werden. Bei einer Vergütung sollten Höhe und Auszahlungsdatum klar bestimmt werden.

Auch an das Arbeitszeugnis ist zu denken: Arbeitnehmer haben Anspruch auf Ausstellung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses. Auch diesbezüglich können im Aufhebungsvertrag Regelungen getroffen werden. So kann festgelegt werden, welchen Inhalt das Arbeitszeugnis haben soll, welcher Note das Zeugnis entsprechen soll und wann der Arbeitnehmer das Arbeitszeugnis spätestens erhalten soll. Hier ist im Hinblick auf anstehende Bewerbungsprozesse ein möglichst früher Zeitpunkt zu vereinbaren. Es ist sogar möglich, das Arbeitszeugnis bereits voll ausformuliert in den Aufhebungsvertrag mit aufzunehmen.

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