Sturz in Bus oder Bahn: Wer haftet für einen Sturz im Zug oder in der Straßenbahn?Darf der Busfahrer erst losfahren, wenn alle Fahrgäste einen sicheren Halt haben?
Eine plötzliche Bremsung des Busfahrers und man fällt hin. Egal, ob im Bus oder in der Straßenbahn. Wer haftet, wenn man stürzt und sich verletzt?
Im Straßenverkehr kann es für den Bus- oder Bahnfahrer erforderlich sein, in heiklen Situationen mit einer Vollbremsung oder einem anderem Fahrmanöver zu reagieren. Dabei kann es schnell passieren, dass ein Fahrgast stürzt und sich verletzt. Auch beim Anfahren des Fahrzeugs besteht die Gefahr zu stürzen. Dies gilt umso mehr dann, wenn sich der Fahrgast nicht richtig festhält. Doch wer haftet für die durch den Sturz entstandene Verletzung? Kann etwa der Bus- oder Bahnfahrer verantwortlich gemacht werden oder ist es nicht eher Sache eines jeden Fahrgastes sich sicheren Halt zu verschaffen?
Wer haftet für einen Sturz im Zug oder in der Straßenbahn?
Wer als Fahrgast etwa in einem Bus oder einer Straßenbahn aufgrund eines verkehrsbedingten Bremsens oder sonstigen Fahrmanövers sowie beim Anfahren stürzt und sich dabei verletzt, haftet grundsätzlich für den Schaden allein. Denn es ist Sache des Fahrgastes sich in einem bewegenden Fahrzeug sicheren Halt zu verschaffen. Diese Pflicht zur Eigensicherung geht soweit, dass ein Fahrgast eine Sitzplatzsuche aufgeben muss, wenn dies andernfalls wegen fehlender Sicherungsmöglichkeiten gefahrträchtig ist (Oberlandesgericht Hamm, Urteil from 17.02.2017, Fn. 11 U 21/16). Die Verpflichtung zur Verschaffung eines sicheren Haltes, trifft nicht nur den stehenden, sondern auch den sitzenden Fahrgast (Landgericht Bonn, Urteil from 19.09.2012, Fn. 5 S 43/12).
Muss der Fahrzeugführer nicht auf einen sicheren Halt der Fahrgäste achten?
Der Fahrzeugführer ist demgegenüber nicht verpflichtet vor dem Anfahren darauf zu achten, ob die Fahrgäste einen sicheren Platz oder Halt haben (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil from 16.11.1971, Fn. VI ZR 69/70). Es besteht auch keine Verpflichtung dahingehend, einen Fahrgast zu einem sicheren Platz zu geleiten. Er darf vielmehr darauf vertrauen, dass die Fahrgäste von sich aus einen sicheren Halt suchen (vgl. Landgericht Osnabrück, Urteil from 11.08.2006, Fn. 5 O 1439/06). Dies gilt insbesondere deswegen, weil der Fahrzeugführer vorrangig den Straßenverkehr zu beobachten hat.
In bestimmten Ausnahmefällen muss der Fahrzeugführer warten, bis ein Fahrgast einen sicheren Platz oder Halt eingenommen hat. Dies gilt etwa dann, wenn der Fahrgast erkennbar schwer behindert ist und deswegen erkennbar die Gefahr eines Sturzes besteht (vgl. Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil from 03.04.2014, Fn. 4 U 484/11). Das hohe Alter eines Fahrgastes spielt grundsätzlich aber keine Rolle. Ein Fahrzeugführer kann davon ausgehen, dass sich ein älterer Fahrgast innerhalb von 5-8 Sekunden einen sicheren Platz verschafft hat (vgl. Kammergericht Berlin, Urteil from 07.05.2012, Fn. 22 U 251/11). Eine Wartepflicht besteht aber zum Beispiel dann, wenn der Fahrgast noch mit der Entwertung seines Fahrausweises beschäftigt ist, sich noch im Hinsetzen befindet oder aufgrund der Fülle des Busses oder der Bahn noch keinen sicheren Platz gefunden hat (vgl. Amtsgericht München, Urteil from 03.02.2009, Fn. 343 C 27136/08).