Streik bei der Bahn: Welche Rechte haben Bahnreisende?
Kommt es zu einem Streik bei der Deutschen Bahn, müssen sich die Bahnreisenden auf Zugausfälle und erhebliche Verspätungen einrichten. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Lokführer die Arbeit niederlegen. Gerade für Berufspendler oder auch für Studenten und Urlauber ist ein Streik bei der Bahn mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden, wird doch durch eine Arbeitsniederlegung die Einhaltung eines Termins wesentlich erschwert oder sogar unmöglich gemacht. Kann ein Bahnreisender daher gegenüber der Bahn bestimmte Rechte geltend machen, wie etwa eine Entschädigung?
Welche Rechte haben Bahnreisende?
Einem Bahnreisenden stehen ab einer bestimmten Verspätung einige Rechte zu. Dazu gehört zum Beispiel ein Anspruch auf Entschädigung. Die Deutsche Bahn kann sich in diesem Zusammenhang anders als Fluggesellschaften nicht auf höhere Gewalt berufen (vgl. Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil from 26.09.2013, Fn. C-509/11).
Folgende Fahrgastrechte stehen einem Bahnreisenden im Falle einer Verspätung zu:
Anspruch auf Entschädigung
Ein Reisender hat nach der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 und den Geschäftsbedingungen der Deutschen Bahn Anspruch auf eine Entschädigung ab einer Verspätung von 60 Minuten. Die Entschädigung beträgt 25 % des Fahrkartenpreises. Ab einer Verspätung von 120 Minuten erhöht sich die Entschädigung auf 50 % des Fahrkartenpreises. Voraussetzung ist aber, dass der Reisende wegen der Verspätung nicht vollständig von der Reise zurücktritt und daher den vollen Fahrpreis erstattet verlangt. Die Entschädigung kann nach Wahl des Reisenden entweder durch einen Gutschein oder durch die Ausbezahlung des Betrags erfolgen.
Zu beachten ist, dass es für Zeitkarten (Wochen-, Monats- und Jahreskarten, Bahncard 100 sowie Schönes-Wochenende-Ticket, Quer-durchs-Land-Ticket, Länder-Tickets) besondere Regelungen gibt. Da wird die Entschädigung pauschal für jede Verspätung ab 60 Minuten gezahlt. Im Einzelnen gilt folgendes:
- für den Nahverkehr: 2. Klasse: 1,50 EUR; 1. Klasse: 2,25 EUR
- für den Fernverkehr: 2. Klasse: 5,- EUR; 1. Klasse: 7,50 EUR
- Bahncard 100: 2. Klasse: 10,- EUR; 1. Klasse: 15,- EUR
Die Entschädigung wird jedoch nur ab einem Betrag von 4 EUR ausgezahlt. Die Bahn bietet daher an mehrere Verspätungen gesammelt einzureichen. Zudem ist die Entschädigung auf 25 % des Zeitkartenwerts begrenzt.
Eine Verspätung tritt nicht nur dann ein, wenn eine einzelne Zugverbindung später ihr Ziel erreicht. Vielmehr besteht der Entschädigungsanspruch für die gesamte Reisekette und zwar unabhängig davon, wie oft der Reisende in eine andere Zugverbindung umsteigt. Voraussetzung ist nur, dass der Reisende sein Endziel mit mehr als 60 Minuten Verspätung erreicht und für die gesamte Reisestrecke eine Fahrkarte vorliegt.
Es ist zu beachten, dass die Entschädigung mit Hilfe eines Fahrgastrechte-Formular oder eines formlosen Schreibens geltend gemacht werden muss. Das formlose Schreiben sollte dabei Angaben zur Anschrift, zum Datum der Reise, zur geplanten Zugverbindung, zum tatsächlichen Reiseverlauf und zur Kontoverbindung enthalten. Außerdem sollte es unterschrieben werden.
Woher bekommt man das Fahrgastrechte-Formular?
Das Fahrgastrechte-Formular ist erhältlich,
- im Zug durch die Zugbegleiter bzw. Kundenbetreuer
- an DB Informationen
- in DB Reisezentren
- im Internet unter www.bahn.de/fahrgastrechte und www.fahrgastrechte.info
Das Fahrgastrechte-Formular muss Informationen über den geplanten sowie den tatsächlichen Reiseverlauf sowie in welcher Form die Entschädigung gewünscht wird (Gutschein oder Auszahlung) enthalten. Darüber hinaus muss die Zugverspätung bestätigt werden.
Das ausgefüllte Formular muss zusammen mit der Originalfahrkarte bei einem DB Reisezentrum, einer DB Information oder per Post beim Servicecenter Fahrgastrechte eingereicht werden. Wer über eine Zeitfahrkarte verfügt, keine Bestätigung seiner Verspätung auf dem Fahrgastrechte-Formular erhalten hat, nur eine Kopie seiner Fahrkarte einreichen will oder eine Fahrkarte im grenzüberschreitenden Verkehr besitzt, muss seine Entschädigung ausschließlich über das Servicecenter Fahrgastrechte geltend machen.
In welcher Frist ist die Entschädigung geltend zu machen?
Die Entschädigung muss innerhalb von drei Jahren nach Eintritt der Verspätung geltend gemacht werden. Die Frist beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Verspätung stattgefunden hat und dadurch der Entschädigungsanspruch entstanden ist.
Anspruch auf Ersatz von Hotelkosten oder anderer Aufwendungen
Ein Anspruch auf Ersatz von angemessenen Hotelkosten besteht dann, wenn aufgrund der Verspätung eine Übernachtung notwendig wird und die Fortsetzung der Reise am selben Tag nicht zumutbar ist. Ebenso ist es zulässig anstatt des Zuges ein Taxi oder einen Bus zu nehmen, wenn aufgrund der Verspätung die planmäßige Ankunftszeit zwischen 0 und 5 Uhr liegt. Die Bahn übernimmt aber nur Kosten von bis zu 80 EUR. Den Ersatz der Hotel- oder Taxikosten muss gegenüber dem Servicecenter Fahrgastrechte unter Beifügung der Fahrkarte oder einer Kopie der Fahrkarte sowie der Originalbelege geltend gemacht werden.
Haftet die Bahn, wenn man aufgrund des Streiks einen Flug nicht erreicht oder den Urlaub nicht antreten kann?
Wer seinen Flug wegen verspäteter Züge nicht mehr erreicht, kann nicht mit einer Entschädigung rechnen. Es gibt keine Rechtsgrundlage für derartige Ansprüche. Als Reisender muss man diesbezüglich auf die Kulanz der Bahn hoffen. Als Reisender sollte man einen ausreichenden Zeitpuffer einplanen oder mit anderen Verkehrsmitteln zum Flughafen fahren.
Wer haftet bei „Rail & Fly“-Pauschalreisen?
Bei Pauschalreisen mit „Rail & Fly“-Angebot haftet der Reiseveranstalter, wenn der Reisende wegen einer Zugverspätung oder einem Zugausfall seinen Flug verpasst. Die Anreise gehört bei den „Rail & Fly“-Reisen zum Gesamtpaket der Pauschalreise (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil from 28.10.2010, Fn. Xa ZR 46/10).
Darf man einen anderen Zug nehmen?
Wer wegen streikbedingter Zugausfälle oder Verspätungen einen Anschlusszug nicht erwischt, kann den nächsten, gegebenenfalls auch höherwertigen Zug nutzen. In diesem Fall wird bei Angeboten wie dem Sparpreis auch die Zugbindung aufgehoben.
Diese ist eine der wenigen Seiten, in denen sich auf eine dreijährige Frist für die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen berufen wird. In den meisten Fällen (u.a. bei der Dt. Bahn) heißt es, die Frist betrage ein Jahr.
Worauf (außer auf allg. BGB) kann ich mich beziehen, um Ansprüche, die mehr als ein Jahr in der Vergangenheit liegen, geltend zu machen?