Muss ein Bewerber im Bewerbungsverfahren oder im Bewerbungsgespräch über seine Vorstrafen Auskunft geben?
Die Frage nach Vorstrafen kann in einem Bewerbungsverfahren für den Arbeitgeber von Bedeutung sein. Das gegenseitige Vertrauen und die beiderseitige Zuverlässigkeit bildet ein wichtiges Fundament für ein langjähriges Arbeitsverhältnis. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Arbeitgeber nach Vorstrafen fragt. Denn wer etwa wegen Untreue vorbestraft ist, dem möchte man eher nicht das Geld der Firma anvertrauen. Andererseits ist es verständlich, dass der Bewerber seine kriminelle Vergangenheit verschweigen möchte, um seine Chancen auf Anstellung zu erhöhen. Man darf auch nicht außer Acht lassen, dass auch ein Vorbestrafter das Recht hat, nach Verbüßung seiner Haftstrafe, sein Leben neu zu beginnen. Doch wie stehen diese beiden Interessen gegenüber? Überwiegt das Interesse des Bewerbers an dem Nichtbekanntwerden seiner Vorstrafen, dem Interesse des potenziellen Arbeitgebers an Auskunft über begangene Straftaten? Muss also ein Bewerber über seine Vorstrafen Auskunft geben?
Ein Arbeitgeber darf nicht alles im Bewerbungsgespräch fragen. Auf manche Fragen darf man als Bewerber sogar lügen (vgl. Welche Fragen darf der Arbeitgeber stellen - und wann darf der Bewerber die Antwort verweigern?).
Besteht eine Auskunftspflicht des Bewerbers über seine Vorstrafen?
Ein Bewerber muss im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens grundsätzlich keine Auskunft über seine Vorstrafen geben. Die Rechtsprechung ist bisher der Ansicht, dass etwaige begangene frühere Straftaten keine Auskunft darüber geben, ob ein Bewerber nunmehr zuverlässig ist oder nicht. Insofern steht der Resozialisierungsgedanke im Vordergrund.
Die Rechtsprechung macht jedoch eine gewichtige Ausnahme. Steht die Vorstrafe im Zusammenhang mit der zu vergebenen Stelle, besteht durchaus ein Anspruch des potentiellen Arbeitgebers auf Auskunft. So hat er ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, ob beispielsweise der Bewerber auf eine Busfahrerstelle wegen Straßenverkehrsdelikte vorbestraft ist. Auch eine Bank hat wohl ein Recht dazu zu erfahren, ob der zukünftige Bankangestellte nicht wegen Untreue strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Das Hessische Landesarbeitsgericht wiederum hat die Kündigung eines Chefarztes für wirksam erachtet, der es unterließ bei seiner Einstellung anzugeben, dass er wegen fahrlässiger Tötung vorbestraft war (Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 05.12.2011, Az. 7 Sa 524/11).
Ein paar Infos: <a href=http://www.haufe.de/personal/personal-office-premium/bewerbungsverfahren-fragerecht-des-arbeitgebers-und-pfl-229-fragerecht-nach-vorstrafen_idesk_PI10413_HI1557845.html>hier</a>