Bundestagswahl: Wo und wie viele Wahlplakate dürfen Parteien aufhängen?Gibt es für Wahlplakate gesetzliche Regelungen?
Wenn eine Bundestagswahl vor der Tür steht, sieht man überall Wahlplakate der Parteien. Selten wird ein Laternenmast oder eine Grünfläche ausgelassen, um kleine und große Plakate anzubringen oder aufzustellen. Mit Hilfe dieser Plakate werben die Parteien um die Wählergunst. Sie sollen möglichst klar und deutlich das Ansinnen einer Partei klarstellen. Doch gibt es Regeln dazu, wo und wie viele Wahlplakate überhaupt aufgehängt und aufgestellt werden dürfen? Oder können die Parteien, da ja Wahlen sind, vollkommen frei entscheiden, wo und wie plakatiert wird?
Gibt es Regeln zum Aufhängen und Aufstellen von Wahlplakaten?
Natürlich müssen sich auch Parteien an Recht und Gesetz halten, selbst wenn Wahlkampf herrscht. Daher muss eine Partei die Erlaubnis der zuständigen Behörden zum Aufhängen von Plakaten einholen. Denn das Plakatieren mit Wahlwerbung stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung dar (vgl. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 02.06.2009, Az. 1 B 347/09 und Verwaltungsgericht Dresden, Urteil vom 19.04.2011, Az. 3 K 1728/09). Dabei ist insbesondere zu beachten, dass Wahlwerbung, anders als kommerzielle Werbung, keinen gewerblichen Zweck dient. Vielmehr soll das Wahlvolk über die Ansichten der Partei informiert werden. Daher unterfällt die Wahlwerbung dem besonderen Schutz des Grundgesetzes, nämlich der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) und der Parteifreiheit (Art. 21 GG).
Wie viele Plakate dürfen aufgehängt werden?
Wie viele Wahlplakate eine Partei aufhängen darf, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. In diesem Zusammenhang wird vor allem der Zahl der vorhandenen Werbeplätze und die Werbewirksamkeit des Ortes abgestellt (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 23.08.2011, Az. 1 M 146/11, 1 M 145/11 und Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 24.08.2011, Az. 1 M 127/11). Daher kann eine Partei zum Beispiel nicht pauschalisiert ein Wahlplakat pro 100 Einwohner beanspruchen (Verwaltungsgericht Weimar, Beschluss vom 26.08.2013, Az. 2 E 779/13 We). Es ist aber zu beachten, dass eine hinreichend dichte und flächendeckende Plakatierungsmöglichkeit sichergestellt wird. So ist etwa ein Verhältnis von 910 Einwohnern bzw. 18 Quadratkilometern pro Wahlplakat unzureichend (Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 22.01.2016, Az. 3 B 8/16).
Zudem darf nicht der Grundsatz der Chancengleichheit aller Parteien außer Betracht bleiben. Bei der Vergabe von Stellplätzen für Wahlplakate gilt aber eine abgestufte Chancengleichheit. Eine formale Gleichbehandlung sowohl kleiner als auch großer Parteien ist unzulässig. Um jedoch für kleine Parteien nicht eine wirksame Wahlpropaganda auszuschließen, muss für jede Partei ein Sockel von mindestens 5 % der bereitstehenden Stellplätze zur Verfügung stehen und darf die größte Partei nicht mehr als das Vier- bis Fünffache an Stellplätzen erhalten, die für die kleinste Partei bereitstehen. (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.12.1974, Az. BVerwG VII C 42.72).
Wo überall dürfen Wahlplakate aufgestellt werden?
Wahlplakate dürfen grundsätzlich überall aufgestellt oder aufgehangen werden, solange keine Gefährdung für andere besteht. So kann ein Plakat an einer Straßenkreuzung unzulässig sein, da es die Autofahrer ablenken könnte. Ebenso unzulässig ist es, die Plakate an Privateigentum anzubringen. Weiterhin dürfen an öffentlichen Gebäuden, wie etwa einer Schule oder einem Rathaus, keine Wahlwerbung angebracht werden. Denn insofern gilt die Neutralitätspflicht der öffentlichen Einrichtungen.
Gibt es Beschränkungen hinsichtlich der Werbebotschaft?
Wenn ein Wahlkampf tobt, darf die Kritik am politischen Gegner durchaus überspitzt ausfallen. Dasselbe gilt für die Werbebotschaften. Man darf es nur nicht übertreiben. So muss die Menschenwürde beachtet werden. Zudem dürfen keine diffamierenden oder strafbaren Äußerungen getätigt werden. Hier einige Beispiele von teils unzulässigen und teils zulässigen Äußerungen:
- Aufschrift „Polen-Invasion stoppen!“ verletzt Menschenwürde (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 24.09.2009, Az. 2 BvR 2179/09)
- Diffamierung eines dunkelhäutigen Integrationsbeauftragten als „falscher Thüringer“ (Thüringer Oberlandesgericht Jena, Beschluss vom 30.06.2011, Az. 1 Ss 25/11)
- Abbildung von Migranten auf fliegenden Teppich mit Überschrift „Guten Heimflug“ sowie Abbildung des Parteivorsitzenden mit Zusatz „GAS geben!“ von Meinungsfreiheit gedeckt, keine Volksverhetzung (Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 07.09.2011, Az. VG 1 L 293.11)
- Werbeslogan „Geld für die Oma statt für Sinti und Roma“ nicht unbedingt Diskriminierung, keine Volksverhetzung (Verwaltungsgericht Kassel, Beschluss vom 09.09.2013, Az. 4 L 1117/13.KS)
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