Schadenersatz oder Entschädigung bei Zugverspätung: Wann kann man bei einer Zugverspätung eine Entschädigung verlangen und wie hoch ist die Entschädigung?
Wer mit dem Zug unterwegs ist, muss immer wieder damit rechnen, dass es zu Verspätungen kommt. Die Ursache der Zugverspätung kann dabei etwa in einem Streik oder in der Witterung liegen. Egal aus welchem Grund der Zug zu spät an seinem Zielort ankommt, es ist für die Reisenden in der Regel ärgerlich. Kann man daher eine Entschädigung geltend machen? Ist es sogar möglich eventuelle Hotelkosten, die durch die Zugverspätung entstanden sind, ersetzt verlangen?
Bekommt man bei einer Zugverspätung eine Entschädigung?
Ein Reisender kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Entschädigung von der Bahn verlangen. Geregelt ist dies in der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 und in den Geschäftsbedingungen der Deutschen Bahn.
Ein Reisender hat Anspruch auf eine Entschädigung ab einer Verspätung von 60 Minuten. Die Entschädigung beträgt 25 % des Fahrkartenpreises. Ab einer Verspätung von 120 Minuten erhöht sich die Entschädigung auf 50 % des Fahrkartenpreises. Voraussetzung ist aber, dass der Reisende wegen der Verspätung nicht den vollen Fahrpreis erstattet verlangt. Die Entschädigung kann nach Wahl des Reisenden entweder durch einen Gutschein oder durch die Ausbezahlung des Betrags erfolgen.
Zu beachten ist, dass es für Zeitkarten (Wochen-, Monats- und Jahreskarten, Bahncard 100 sowie Schönes-Wochenende-Ticket, Quer-durchs-Land-Ticket, Länder-Tickets) besondere Regelungen gibt. Da wird die Entschädigung pauschal für jede Verspätung ab 60 Minuten gezahlt. Im Einzelnen gilt folgendes:- für den Nahverkehr: 2. Klasse: 1,50 EUR; 1. Klasse: 2,25 EUR
- für den Fernverkehr: 2. Klasse: 5,- EUR; 1. Klasse: 7,50 EUR
- Bahncard 100: 10,- EUR; 1. Klasse: 15,- EUR
Die Entschädigung wird jedoch nur ab einem Betrag von 4 EUR ausgezahlt. Die Bahn bietet daher an mehrere Verspätungen gesammelt einzureichen. Zudem ist die Entschädigung auf 25 % des Zeitkartenwerts begrenzt.
Eine Verspätung tritt nicht nur dann ein, wenn eine einzelne Zugverbindung später ihr Ziel erreicht. Vielmehr besteht der Entschädigungsanspruch für die gesamte Reisekette und zwar unabhängig davon, wie oft der Reisende in eine andere Zugverbindung umsteigt. Voraussetzung ist nur, dass der Reisende sein Endziel mit mehr als 60 Minuten Verspätung erreicht und für die gesamte Reisestrecke eine Fahrkarte vorliegt.
Es ist zu beachten, dass die Entschädigung mit Hilfe eines Fahrgastrechte-Formular oder eines formlosen Schreibens geltend gemacht werden muss. Das formlose Schreiben sollte dabei Angaben zur Anschrift, zum Datum der Reise, zur geplanten Zugverbindung, zum tatsächlichen Reiseverlauf und zur Kontoverbindung enthalten. Außerdem sollte es unterschrieben werden.
Woher bekommt man das Fahrgastrechte-Formular?
Das Fahrgastrechte-Formular ist erhältlich,
- im Zug durch die Zugbegleiter bzw. Kundenbetreuer
- an DB Informationen
- in DB Reisezentren
- im Internet unter www.bahn.de/fahrgastrechte und www.fahrgastrechte.info
Das Fahrgastrechte-Formular muss Informationen über den geplanten sowie den tatsächlichen Reiseverlauf sowie in welcher Form die Entschädigung gewünscht wird (Gutschein oder Auszahlung) enthalten. Darüber hinaus muss die Zugverspätung bestätigt werden.
Das ausgefüllte Formular muss zusammen mit der Originalfahrkarte bei einem DB Reisezentrum, einer DB Information oder per Post beim Servicecenter Fahrgastrechte eingereicht werden. Wer über eine Zeitfahrkarte verfügt, keine Bestätigung seiner Verspätung auf dem Fahrgastrechte-Formular erhalten hat, nur eine Kopie seiner Fahrkarte einreichen will oder über eine Fahrkarte im grenzüberschreitenden Verkehr besitzt, muss seine Entschädigung ausschließlich über das Servicecenter Fahrgastrechte geltend machen.
In welcher Frist ist die Entschädigung geltend zu machen?
Die Entschädigung muss innerhalb von drei Jahren nach Eintritt der Verspätung geltend gemacht werden. Die Frist beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Verspätung stattgefunden hat und dadurch der Entschädigungsanspruch entstanden ist.
Besteht ein Anspruch auf Ersatz von Hotelkosten oder anderer Aufwendungen?
Ein Anspruch auf Ersatz von angemessenen Hotelkosten besteht dann, wenn aufgrund der Verspätung eine Übernachtung notwendig wird und die Fortsetzung der Reise am selben Tag nicht zumutbar ist. Ebenso ist es zulässig anstatt des Zuges ein Taxi oder einen Bus zu nehmen, wenn aufgrund der Verspätung die planmäßige Ankunftszeit zwischen 0 und 5 Uhr liegt. Die Bahn übernimmt aber nur Kosten von bis zu 80 EUR. Den Ersatz der Hotel- oder Taxikosten muss gegenüber dem Servicecenter Fahrgastrechte unter Beifügung der Fahrkarte oder einer Kopie der Fahrkarte sowie der Originalbelege geltend gemacht werden.
Kann sich die Bahn auf höhere Gewalt berufen?
Nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich die Bahn bei einer Zugverspätung nicht auf höhere Gewalt berufen (Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil from 26.09.2013, Fn. C-509/11).
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