Verkehrsunfall aufgrund von Alkohol: Haftet man als Beifahrer für den alkoholisierten Fahrer?Beifahrer trägt Mitschuld bei Kenntnis von Alkoholisierung des Fahrers
Ein typisches Nacht-Szenario: Es passiert ein Unfall und der Fahrer war alkoholisiert. Ist man dann als Beifahrer mitschuldig, wenn man den alkoholisierten Fahrer nicht vom Fahren abgehalten hat?
Wer in einem Auto mitfährt, dessen Fahrer betrunken ist, kann bei einem Unfall die andernfalls bestehenden Ansprüche auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gegen den fahruntüchtigen Fahrer bzw. den Halter des Wagens verlieren. Dabei spielt es keine Rolle, auf welchem Platz der Mitfahrer im Auto sitzt. Die ihnen obliegenden Sorgfaltspflichten gelten gleichermaßen für Beifahrer wie für Mitfahrer, die auf der Rückbank des Fahrzeugs sitzen.
Konnte Beifahrer Alkoholisierung des Fahrers erkennen?
Zu den Sorgfaltspflichten von Mitfahrern alkoholisierter Autofahrer hat der Bundesgerichtshof bereits mit Beschluss vom 10.02.1998 (Az. VI ZR 235/97) entschieden, dass die Mitfahrer eine Mitschuld an ihren im Zuge einer Alkoholfahrt unfallbedingt verursachten Verletzungen treffe, wenn sie bei gehöriger Sorgfalt hätten erkennen können, dass der Fahrer aufgrund Alkoholisierung fahruntüchtig war. Mitfahrer sollten deshalb, wenn sie die Alkoholisierung des Fahrers vor Fahrtantritt bemerken, gar nicht erst in das Fahrzeug einsteigen. Kommt es dennoch zu einem Unfall unter Alkoholeinfluss, können sie die ihnen entstehenden Schäden sowie Schmerzensgeld nicht bzw. nicht vollständig ersetzt verlangen. Je nach dem Grad ihres Mitverschuldens reduzieren sich ihre Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche.
Mitverschuldensanteil von 25 Prozent bei Kenntnis von Alkoholisierung des Fahrers
Wer wissentlich neben einem betrunkenen Fahrer sitzt, muss einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt zufolge im Fall eines Unfalls mit einem Mitverschuldensanteil von mindestens 25 Prozent rechnen (Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 18.08.2006, Az. 19 U 242/05). Dem Gericht zufolge trifft zwar in erster Linie den Fahrer die Pflicht, zu beurteilen, ob er in der Lage ist, sicher Auto zu fahren. Der Fahrer hat grundsätzlich eine höhere Verantwortung als der Beifahrer.
Bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls kann der Mitverschuldensanteil des Beifahrers sogar in gleicher Höhe oder sogar ein überwiegendes Mitverschulden des Beifahrers anzunehmen sein.
Das Oberlandesgericht Koblenz hat in einem Fall das Mitverschulden eines Beifahrers, der sich trotz erkennbarer Trunkenheit des Autofahrers zur Mitfahrt in dessen Wagen entschlossen hatte und bei dem folgenden Unfall schwer verletzt wurde, auf ein Drittel bemessen. In dieser Höhe rechnete das Gericht dem Beifahrer dessen Mithaftungsanteil an den Unfallfolgen an (Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 09.01.2006, 12 U 958/04).
Kenntnis des Beifahrers von Alkoholisierung des Fahrers?
Knackpunkt bei der Entscheidung über die etwaige Mithaftung des Beifahrers ist, ob dieser Kenntnis von der Fahruntüchtigkeit des Fahrers hatte oder ob er diese erkennen konnte. Die Kenntnis bzw. das Kennenmüssen des Beifahrers muss im Schadenersatzprozess gegen den Fahrer bzw. Halter des Wagens und dessen Haftpflichtversicherung die beklagte Partei, die diese Tatsache zu ihren Gunsten geltend machen will, nachweisen (was im Einzelfall problematisch sein dürfte). Dabei kann es übrigens indirekt eine Rolle spielen, ob der Beifahrer selbst ebenfalls betrunken war. An nüchterne Beifahrer sind bei der Frage, ob sie die Fahruntüchtigkeit des Fahrers hätten bemerken können, höhere Sorgfaltsmaßstäbe anzusetzen als bei einem besoffenen Beifahrer.
Mitfahrender Fahrzeughalter kann Versicherungsschutz verlieren
Wer als Beifahrer im eigenen Fahrzeug eine andere Person fahren lässt, sollte auch an die versicherungsrechtlichen Konsequenzen einer Trunkenheitsfahrt denken. Hier sollte sich der Beifahrer, der Halter des Wagens ist, vor Fahrtantritt in jedem Fall von der Fahrtüchtigkeit des Fahrers überzeugen. Wer trotz Kenntnis davon, dass der Fahrer alkoholisiert ist, diesem das eigene Fahrzeug zur Fahrt überlässt, muss mit dem Regress der Haftpflichtversicherung hinsichtlich der Schäden bei einem Unfall sowie mit dem Verlust des Kaskoversicherungsschutzes rechnen.
Alkoholisierter Begleiter eines Fahranfängers handelt ordnungswidrig
Ordnungswidrig verhält sich zudem, wer als Begleiter eines Fahranfängers mit 17 Jahren betrunken ist. Wer einen Fahranfänger beim Führerschein mit 17 mit über 0,5 Promille alkoholisiert begleitet, begeht eine Ordnungswidrigkeit und wird wie bei Alkohol am Steuer bestraft, d.h. mit einer Geldbuße von 500 bis 1.500 Euro, 2 Punkten in Flensburg sowie 1 bis 3 Monaten Fahrverbot.
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