Chef zahlt Knöllchen: Darf der Arbeitgeber Strafzettel des Arbeitsnehmers bezahlen?Übernommene Bußgelder sind steuerpflichtig
Arbeitnehmende, die beruflich viel mit einem Auto oder LKW unterwegs sind, erhalten auch dann und wann einen Strafzettel. Manche Arbeitgebende übernehmen die Gelbuße für ein solches Knöllchen. Ist das rechtlich überhaupt erlaubt und was muss man zu diesem Themengebiet wissen?
Wer beruflich viel mit einem Fahrzeug unterwegs ist, kann schnell mal einen Strafzettel kassieren. So können sich Taxifahrer wegen zu schnellen Fahrens und Fernfahrer wegen Überschreitung der Lenk- und Ruhezeiten „schuldig machen“. Nicht selten zahlt der Arbeitgeber in einem solchen Fall die Geldbuße. Doch ist dies auch zulässig?
Darf der Arbeitgeber Strafzettel des Arbeitsnehmers bezahlen?
Wer beruflich mit dem Fahrzeug unterwegs ist und dabei einen Verkehrsverstoß begeht, muss grundsätzlich selbst das Bußgeld oder die Strafe bezahlen. So sieht auch das Bundesarbeitsgericht den Sinn und Zweck einer Geldstrafe oder einer Geldbuße darin, dass die verhängte Sanktion in eigener Person aus eigenem Vermögen aufgebracht wird (BAG, Urteil vom 25. Januar 2001 – 8 AZR 465/00).
Keine Pflicht des Arbeitgebers; kein Anspruch des Arbeitnehmers
Es gibt demzufolge keine Pflicht des Arbeitgebers und keinen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf die Übernahme von Geldbußen durch den Arbeitgeber. Auch eine generelle vertragliche Zusage des Arbeitgebers, Bußgelder, beispielsweise wegen Verstößen im Straßenverkehr oder Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz zu übernehmen, kann wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein und daher keine Grundlage für einen Erstattungsanspruch des Arbeitnehmers bieten.
In diesem Sinne hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Ein als Kraftfahrer beschäftigter Arbeitnehmer wurde von seiner Arbeitgeberin so eingesetzt, dass ihm das Einhalten der kurz hintereinander geschalteten Anlieferungstermine nicht möglich gewesen wäre, wenn er nur die gesetzlich zulässigen zehn Stunden am Tag gefahren wäre. Er führte an, die Arbeitgeberin habe in der Vergangenheit ihren sämtlichen Arbeitnehmern aber immer wieder zugesichert, dass sie entsprechende Bußgeldbeträge zahle und wollte die gegen ihn verhängten Bußgelder von der Arbeitgeberin erstattet haben. Das Bundesarbeitsgericht wies seine Revision zurück und damit sein Klage ab. Er habe keinen Entschädigungsanspruch gegen den Arbeitgeber.
Ein vertraglicher Anspruch des Klägers auf Erstattung der Geldbuße scheitere bereits an der Unwirksamkeit einer etwaigen Zusage der beklagten Arbeitgeberin. Denn Zusagen eines Arbeitgebers, seinem Arbeitnehmer bei der Arbeitsausübung auferlegte Geldstrafen oder Geldbußen zu übernehmen, seien regelmäßig als Verstoß gegen die guten Sitten nach § 138 BGB nichtig, weil sie jedenfalls dem Zweck von Straf- und Bußgeldvorschriften zuwiderliefen und geeignet seien, die Hemmschwelle des Arbeitnehmers, Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zu begehen, herabzusetzen (BAG, Urteil vom 25. Januar 2001 – 8 AZR 465/00 –).
Keine Strafbarkeit
Allerdings ist die Erstattung einer vom Täter schon bezahlten Geldstrafe oder Geldbuße nicht grundsätzlich verboten, also nicht strafbar. Selbst derjenige, der dem Täter im Voraus die zur Zahlung der Strafe oder Geldbuße erforderlichen Geldmittel zur Verfügung stelle, mache sich nicht etwa wegen Strafvereitelung strafbar, wie der Bundesgerichtshof entschied.
Nur, wer die Strafe direkt für den Verurteilten einzahle oder ihm den entsprechenden Betrag vor der Bezahlung schenke, nicht hingegen derjenige, der dem Verurteilten nachträglich einen entsprechenden Betrag erstatte oder ein vorher im Hinblick auf die Geldstrafe gewährtes Darlehen erlasse, könne sich der Strafvereitelung strafbar machen. (BGH, Urteil vom 7. November 1990 – 2 StR 439/90).
Arbeitgeber kann Strafzettel freiwillig übernehmen
Der Arbeitgeber kann die Zahlung daher freiwillig „übernehmen“. In diesem Fall muss darauf geachtet werden, dass die Zahlung als Arbeitslohn versteuert wird. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2013 hervor.
Übernommene Bußgelder sind steuerpflichtig
In dem damals zugrunde liegenden Fall zahlte eine internationale Spedition, die gegen ihre Fahrer wegen Überschreitung der Lenkzeiten und der Nichteinhaltung der Ruhezeiten verhängten Bußgelder. Die Lohnsteuer behielt sie dafür aber nicht ein. Das Finanzamt war jedoch der Ansicht, dass die gezahlten Bußgelder Arbeitslohn seien und daher versteuert werden müssten. Es erließ daraufhin einen Nachforderungsbescheid. Da die Spedition die gegenteilige Ansicht vertrat, erhob sie Klage gegen den Bescheid und verlor letztinstanzlich vor dem Bundesfinanzhof. Dessen Auffassung nach würden Verstöße gegen die Rechtsordnung, die mit Bußgeldern belegt sind, nicht zu den „notwendigen Begleiterscheinungen betriebsfunktionaler Zielsetzungen“ zählen. Dies gelte auch dann, wenn der Arbeitgeber die Fahrer angewiesen hat, Lenk- und Ruhezeiten nicht einzuhalten. Somit stellten die Zahlungen der Bußgelder Vorteile im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetzes und somit zu versteuernder Arbeitslohn dar (Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.11.2013, Az. VI ZR 36/12).
Die Übernahme von Bußgeldern durch den Arbeitgeber muss also als Arbeitslohn versteuert werden und ist sozialversicherungspflichtig.
Sind gegen den Arbeitgeber selbst gerichtete Bußgelder steuerpflichtig?
In einem etwas neueren Urteil hat der Bundesfinanzhof seine Auffassung differenziert. Wenn die Bußgelder direkt gegen den Arbeitgeber als Halter des Fahrzeug erhoben werden, leiste der Arbeitgeber als Halter eines Kfz die Zahlung eines Verwarnungsgeldes wegen einer ihm gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 OWiG erteilten Verwarnung auf eine eigene Schuld. Die Zahlung führe dann grundsätzlich nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn bei dem Arbeitnehmer, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat, da keine in Geldeswert bestehende Einnahme i.S. des § 19 EstG vorliege. Demzufolge wäre dann keine Lohnsteuer abzuführen.
Wenn der Arbeitgeber aber einen aufgrund des bußgeldbewehrten Verstoßes einen vertraglichen oder gesetzlichen, durchsetzbaren Regressanspruch gegen den Arbeitnehmer hat und diesen mit Kenntnis und Einverständnis des Arbeitnehmers nicht geltend macht, liege auch darin ein geldwerter Vorteil und damit zu versteuernder Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG (Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.8.2020, VI R 1/17).
Fazit
Bußgelder und Strafen müssen grundsätzlich selbst gezahlt werden. Es ist nicht strafbar, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Geld dafür freiwillig zur Verfügung stellt. Einen Anspruch darauf hat der Arbeitnehmer aber nicht. Durch den Arbeitgeber kompensierte Bußgelder und Geldstrafen sind ein geldwerter Vorteil für den Arbeitnehmer uns müssen versteuert werden.
Wir danken Herrn Rechtsanwalt Jan Böhm für diesen Fachbeitrag. Mehr aktuelles Arbeitsrecht finden Sie auf der Webseite von Rechtsanwalt Böhm: www.ihr-arbeitsrecht.de