Ist eine Scheidung auch ohne Einhaltung des Trennungsjahrs möglich?
Eine Ehe kann nach § 1565 Abs. 1 BGB nur dann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Davon ist Grundsätzlich erst dann auszugehen, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen. Die Ehegatten müssen daher eine Zeitlang getrennt voneinander leben. Das Gesetz fordert insofern mindestens ein Trennungsjahr (§ 1566 Abs. 1 BGB). In einem solchen Fall wird bei Hinzutreten einer weiteren Voraussetzung vermutet, dass die Ehe gescheitert ist. Lesen Sie zu diesem Thema mehr hier: Wie läuft eine Ehescheidung ab?
Ist eine Ehescheidung aber auch ohne Einhaltung des Trennungsjahrs möglich?
Ist eine Scheidung auch ohne Einhaltung des Trennungsjahrs möglich?
Eine Ehescheidung ist unter bestimmten Voraussetzungen auch dann möglich, wenn die Ehegatten noch nicht ein Jahr voneinander getrennt leben. Geregelt ist dies in § 1565 Abs. 2 BGB. Danach kann die Ehe auch vor Ablauf des Trennungsjahrs geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Scheidungswilligen aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde. Die unzumutbare Härte muss sich auf das formale Weitermiteinanderverheiratsein beziehen. Es reicht also nicht aus, dass das Zusammenleben unzumutbar ist. Denn dem kann man bereits durch die räumliche Trennung entgehen.
Die in der Person des anderen Ehegatten liegenden Gründe muss der Scheidungswillige darlegen und gegebenenfalls beweisen. Es müssen sich dabei um solche Härtegründe handeln, die dem Scheidungswilligen ein Abwarten des Trennungsjahrs unzumutbar machen. Maßgeblich kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.
Beispiele für die Ablehnung und Bejahung von Härtefällen aus der Rechtsprechung
In folgenden Fällen haben die Gerichte die Fortsetzung der Ehe als unzumutbar angesehen:
- öffentliche Aufnahme einer neuen Beziehung während lebensbedrohlicher Erkrankung des anderen Ehegatten (Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 17.09.2015, Az. 11 UF 76/15)
- außereheliches Verhältnis in ehemaliger ehelicher Wohnung (Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 05.10.2004, Az. 9 WF 111/04 und Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 18.09.1998, Az. 25 WF 162/98)
- Aufnahme der Prostitution durch anderen Ehegatten (Oberlandesgericht Bremen, Beschluss vom 26.09.1995, Az. 5 WF 66/95)
- Eingehen einer Beziehung mit Bruder oder Schwester des Ehepartners (Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 09.10.2002, Az. 27 WF 187/02)
- Schwangerschaft der Ehefrau aufgrund ehebrecherischen Verhältnisses (Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 16.06.2014, Az. 8 WF 106/14)
- Geburt eines Kindes aus außerehelicher Beziehung (Oberlandesgericht Brandenburg, Beschluss vom 26.09.2002, Az. 10 WF 101/02 und Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 13.04.2000, Az. 20 WF 32/00)
- Aufforderung zum Geschlechtsverkehr zu dritt nach Entdeckung der Affäre (Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 23.06.1995, Az. 25 WF 103/95)
- Aufnahme neuer Partnerschaften durch beide Ehegatten (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 13.11.1991, Az. 2 WF 220/91)
- Verschweigen anstehender Haftstrafe bei Eheschließung (Amtsgericht Ludwigsburg, Urteil vom 20.07.2006, Az. 1 F 50/06)
- nachhaltige und ernstzunehmende Morddrohungen (Oberlandesgericht Brandenburg, Beschluss vom 18.01.2001, Az. 9 UF 166/00)
- Depressionen, Panikattacken und Selbstmordgedanken aufgrund Fehlverhaltens durch psychisch kranke Ehefrau (Kammergericht Berlin, Beschluss vom 04.10.2017, Az. 13 WF 183/17)
- Eheschließung aufgrund Erhalts einer Aufenthaltsgenehmigung (Amtsgericht Offenbach, Urteil vom 30.10.1992, Az. 311 F 731/92)
- jahrelanger mit Tätlichkeiten gegen Ehefrau und Kind verbundener Alkoholmissbrauch (Oberlandesgericht Bamberg, Beschluss vom 27.06.1979, Az. 2 WF 80/79)
- laufende Misshandlungen der Ehefrau auch vor den minderjährigen Kindern (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 12.09.1977, Az. 2 WF 112/77)
Folgende Gründe sind von den Gerichten wiederum nicht als unzumutbar angesehen worden:
- Zusammenleben des Ehemanns mit neuer Partnerin (Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 28.11.1991, Az. 14 WF 228/91)
- Der Ehebruch als solcher reicht in der Regel nicht aus, um einen Härtegrund zu begründen (Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 28.01.2002, Az. 15 WF 16/02).
- Die Aufnahme einer homosexuellen Beziehung ist Grundsätzlich nicht anders zu bewerten, wie ein heterosexueller Ehebruch und führt daher in der Regel ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht zu einem Härtegrund (Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss vom 28.12.2006, Az. 10 WF 1526/06).
- bloße Nichtzahlung geschuldeten Unterhalts (Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 07.02.2001, Az. 18 WF 44/01, andere Ansicht noch Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 08.08.1978, Az. 16 WF 200/78 ES)
- einmalige, körperliche Misshandlungen aufgrund eines Streits (Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 27.02.2001, Az. 17 UF 411/00)
- Ankündigung der Absicht in ausländischen Heimatstaat umziehen zu wollen (Kammergericht Berlin, Beschluss vom 04.08.1999, Az. 3 WF 6284/99)
- psychische Erkrankung des anderen Ehegatten (Kammergericht Berlin, Beschluss vom 04.10.2017, Az. 13 WF 183/17 und Oberlandesgericht Brandenburg, Beschluss vom 05.10.1994, Az. 9 WF 124/94)
Über den Autor des Artikels:
Der Autor ist Rechtsanwalt in Berlin. Rechtsanwalt Binder ist deutschlandweit im Scheidungsrecht tätig und betreibt mit seiner Kanzlei die Scheidungsinfoseite scheidung.services.
Siehe auch:
- Die neuesten Informationen von über 30 juristischen Webseiten – hier zum Thema „Scheidungsrecht“ bei recht-aktuell.de: www.recht-aktuell.de/aktuell/Scheidungsrecht
- Aktuelle Ratgeber und Texte aus deutschen Rechtsanwaltskanzleien bei recht-aktuell.de
Mir war nicht klar, dass eine Ehe nur dann geschieden werden kann, wenn sie auch tatsächlich gescheitert ist. Bei meiner Frau und mir ist das leider im letzten Jahr der Fall geworden. Am besten suche ich mir für die Scheidung einen eigenen, erfahrenen Anwalt.
Meine Frau betrügt mich seit dem 27.07 2019 und getrennt hat sie sich am 15.10.2019 von mir ohne jeglichen Grund es geht nicht mehr so war ihre Aussage zu der Frage warum sie sich trennen und scheiden lassen möchte nun hab ich das mit der Affäre erst am 21.12 2019 mitgekriegt nur gibt es nichts schriftliches wo sie es zu gibt letztendlich ist meine Frage jetzt kann ich mit dieser Sachlage den Unterhalt für sie (keine Kinder) einstellen?
Meine Frau betrügt mich seit dem 27.07 2019 und getrennt hat sie sich am 15.10.2019 von mir ohne jeglichen Grund es geht nicht mehr so war ihre Aussage zu der Frage warum sie sich trennen und scheiden lassen möchte nun hab ich das mit der Affäre erst am 21.12 2019 mitgekriegt nur gibt es nichts schriftliches wo sie es zu gibt letztendlich ist meine Frage jetzt kann ich mit dieser Sachlage den Unterhalt für sie (keine Kinder) einstellen?