Flugstreik09.11.2015

Welche Rechte haben Flugpassagiere bei einem Streik des Personals eines Luftfahrtunternehmens?

Immer wieder kommt es zu Streiks beim Personal eines Luftfahrtunternehmens. Mal sind es die Piloten, dann die Flugbegleiter und schließlich das Bodenpersonal, die wegen höherer Löhne oder bessere Arbeitsbedingungen ihre Arbeit niederlegen. Ein solcher Streik führt oft zu massiven Beeinträchtigungen des Flugverkehrs. Es kommt zu erheblichen Verspätungen. Teilweise werden ganze Flüge gestrichen. Die Passagiere haben dabei das Nachsehen. Um die Passagiere jedoch nicht in einem solchen Fall völlig rechtlos zu stellen, wurde die Fluggastrechteverordnung geschaffen. Können die Passagiere aus dieser Verordnung Rechte ableiten, wenn wegen eines Streiks bei einem Luftfahrtunternehmens Flüge ausfallen oder sich verspäten? Stehen ihnen zum Beispiel Entschädigungszahlungen zu?

Stehen den Fluggästen Entschädigungszahlungen zu?

Nach der Fluggastrechteverordnung stehen den Fluggästen sogenannte Ausgleichszahlungen zu, wenn der Flug annulliert wird (Art. 5 Abs. 1c und Art. 7 Fluggastrechteverordnung). Dies gelte jedoch dann nicht, wenn die Flugannullierung auf außergewöhnliche Umstände beruht (Art. 5 Abs. 3 Fluggastrechteverordnung). Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs stellt ein Streik einen außergewöhnlichen Umstand dar. Ausgleichszahlungen müssen daher nicht geleistet werden. Die Bundesrichter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Streikaufruf einer Gewerkschaft „von außen“ auf das Luftverkehrsunternehmen einwirke und in aller Regel von dem betroffenen Luftverkehrsunternehmen nicht beherrschbar sei (Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.08.2012, Az. X ZR 138/11 und X ZR 146/11).

Dieser Ansicht schloss sich ebenfalls der Europäische Gerichtshof an. Er hatte in dem zugrunde liegenden Fall zu entscheiden, ob sich ein Luftfahrtunternehmen (Finnair) auf „außergewöhnliche Umstände“ berufen könne, wenn es aufgrund eines Streiks zu Umorganisationen späterer Flüge kommt. Dies verneinten die Richter. Denn außergewöhnliche Umstände dürfen sich nur auf ein einzelnes Flugzeug an einem bestimmten Tag beziehen. Dies sei hingegen dann nicht der Fall, wenn ein Flug infolge außergewöhnlicher Umstände, die einen vorhergehenden Flug betrafen, umorganisiert werde. Die Richter betonten jedoch zugleich, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen und somit eine Pflicht zur Ausgleichszahlung nicht besteht, wenn der Flug am Tag des Streiks infolge der Arbeitsniederlegung annulliert werde (Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 04.10.2012, Az. C-22/11).

Können die Flugpassagiere andere Rechte geltend machen?

Die Flugpassagiere haben jedoch Anspruch auf Betreuungsleistungen (Art. 9 Fluggastrechteverordnung), wie etwa Essen und Hotelunterbringungen, sowie Anspruch auf Erstattung des Flugpreises oder anderweitige Beförderung (Art. 8 Fluggastrechteverordnung). Bei diesen Rechten kann sich das Luftfahrtunternehmen nämlich nicht auf „außergewöhnliche Umstände“ berufen.

Stehen dem Fluggast die Rechte auch bei Buchung der Reise über einen Reiseveranstalter zu?

Hat ein Reisender die komplette Reise, also einschließlich des Fluges, über einen Reiseveranstalter gebucht, so gilt die Fluggastrechteverordnung nicht (vgl. Art. 3 Abs. 5 Satz 2 Fluggastrechteverordnung). In diesem Fall steht der Reisende jedoch nicht rechtlos da. Vielmehr kann er gegenüber dem Reiseveranstalter seine Rechte aus dem Reiserecht (§§ 651a – 651m BGB) geltend machen, wie etwa Reisepreisminderung.

Lesen Sie zu diesem Thema auch die Rechtsfrage: Welche Rechte haben Flugpassagiere bei einer Verspätung oder Annullierung ihres Fluges wegen Eis und Schnee?

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