„Die Sendung enthält virtuelle Werbung" - was ist der rechtliche Hintergrund?Was bedeutet dieser Pflichthinweis der Fernsehsender?
Bei der Fußball-Europameisterschaft kann man immer wieder im Fernsehen die Einblendung lesen: „Die Sendung enthält virtuelle Werbung“. Was bedeutet dies und was steckt rechtlich dahinter?
Bei der gerade laufenden Fußball-Europameisterschaft 2024 kann man dem Hinweis „Die Sendung enthält virtuelle Werbung“ immer wieder begegnen. Was steckt dahinter? Wir von Rechtsfragen online (refrago.de) wollen dieser Rechtsfrage auf den Grund gehen.
Was ist mit virtueller Werbung gemeint?
Die künstliche Intelligenz (KI) hält auch immer mehr Einzug beim Fernsehen. Sie sorgt dafür, dass in das Live-Bild die Reklame auf den Stadionbanden durch neue, andere Werbung überblendet wird. Die Fernsehzuschauer sehen also andere Bandenwerbung als die Zuschauer im Station. Dies geschieht durch die künstliche Intelligenz ganz automatisch. Die Software regelt das – ohne dass zusätzliche Kameras oder besonders geschultes Kamerapersonal benötigt werden.
Warum gibt es die virtuelle Werbung?
Die in das Fernsehbild eingeblendete Werbung soll sich speziell an das TV-Publikum des jeweiligen Landes richten. Bei der Fußball-Europameisterschaft 2024 wird z.B. für die Länder USA, China und Deutschland virtuelle Werbung eingeblendet.
Durch die virtuelle Werbung können die Veranstalter die Werbeeinnahmen erhöhen. Die virtuelle Werbung kann ganz gezielt die Fernsehzuschauer – also die Konsumenten – des jeweiligen Landes ansprechen. Das sorgt für zusätzliche Werbeeinnahmen.
Warum wird virtuelle Werbung gekennzeichnet?
Der Medienstaatsvertrag (MStV) in der Fassung vom 1. Januar 2024 schreibt vor, dass Sendungen, die virtuelle Werbung enthalten, gekennzeichnet werden müssen. In § 8 Abs. 6 MStV heißt es wörtlich:
(6) Die Einfügung virtueller Werbung in Sendungen ist zulässig, wenn
- am Anfang und am Ende der betreffenden Sendung darauf hingewiesen wird und
- durch sie eine am Ort der Übertragung ohnehin bestehende Werbung ersetzt wird
In § 8 Abs. 6 Nr. 2 MStV gibt es übrigens eine weitere wichtige Klausel. Dort steht, dass „eine am Ort der Übertragung ohnehin bestehende Werbung ersetzt“ werden darf. So soll verhindert werden, dass zusätzliche Werbeflächen virtuell geschaffen werden. Eine zusätzliche Werbefläche allein für die Fernsehzuschauer wäre also nicht erlaubt.
Seit wann gibt es die Regelung zur virtuellen Werbung im Medienstaatsvertrag?
Es mag verwundern, aber die Regelung ist schon ziemlich alt. Sie wurde bereits im Jahr 2000 in den Medienstaatsvertrag aufgenommen. Der Pay-TV-Sender Premiere (heute Sky) hat virtuelle Werbung bereits 2005 bei Partien des damaligen Ligapokals der Deutschen Fußball Liga (DFL) eingesetzt. Auch bei der Formel 1 und beim Eishockey gibt es virtuelle Werbung schon seit längerer Zeit.
RTL setzte virtuelle Werbung zum Beispiel bei dem aus Hartford (USA) übertragenen Fußballspiel Deutschland / USA am 14. Oktober 2023, ein. Es gab aber erhebliche technische Probleme. Das Fernsehbild hatte von Anfang an immer wieder Aussetzer. RTL schaltete daher nach rund 25 Minuten die virtuelle Werbung ab. Das Fernsehbild lief dann auch störungsfrei. Die Bandenwerbung aus dem US-Stadion wurde dann aber nicht mehr überblendet. Das führte dazu, dass die Fernsehzuschauer nicht mehr die geplante (deutsche) virtuelle Werbung von adidas sahen, sondern die von NIKE und andere US-Werbung.
Fazit:
Was Zuschauer auf ihrem Bildschirm sehen, entspricht nicht mehr der Realität.
Eine weitere Rechtsfrage aus dem Rundfunkrecht
Zuschauer ärgern sich immer wieder über das Fernsehprogramm: Kann man als Rundfunkbeitragszahler Einfluss auf die Programmgestaltung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens nehmen?