Muss man nach einer Scheidung die Steuerklasse ändern?Nach Trennung verlieren Ehepaare ihr Wahlrecht zwischen verschiedenen Steuerklassen
Für Ehepaare, die während der Ehe in den Steuerklassen 3, 4 oder 5 veranlagt sind, ändert sich die Steuerklasse bei Trennung und Scheidung. Doch welche Steuerklasse gilt nach der Scheidung und worauf muss man achten?
Für Ehepaare, die während der Ehe in den Steuerklassen 3, 4 oder 5 veranlagt sind, ändert sich die Steuerklasse bei Trennung und Scheidung. Steuerlich entscheidend ist die intakte eheliche Gemeinschaft. Deshalb müssen Ehepartner den Wechsel der Steuerklasse bereits bei dauerhafter Trennung beim Finanzamt beantragen, und dürfen nicht auf die rechtskräftige Scheidung der Ehe vor dem Familiengericht warten. Lediglich im laufenden Kalenderjahr, in dem die Trennung erfolgt, braucht noch kein Wechsel der Steuerklasse zu erfolgen. In diesem Kalenderjahr ist auch die steuerliche Zusammenveranlagung noch zulässig. Ab dem auf die Trennung folgenden Kalenderjahr ist jedoch die Steuerklasse zu ändern.
Wer sich also beispielsweise im Juni eines Jahres trennt, muss für die Zeit ab dem 01. Januar des Folgejahres den Wechsel der Steuerklasse beantragen. Es darf nicht erst der Ablauf des Trennungsjahres oder die Scheidung vor dem Familiengericht abgewartet werden.
Welche Steuerklassen gibt es?
Es gibt folgende sechs Lohnsteuerklassen:
- Steuerklasse 1: Singles (ledig, verwitwet, getrennt oder geschieden)
- Steuerklasse 2: Alleinerziehender Elternteil (nicht verheiratet bzw. getrennt oder geschieden)
- Steuerklasse 3: Verheiratet (für den Ehepartner mit dem höheren Einkommen)
- Steuerklasse 4: Verheiratet (für beide Ehepartner bei gleichem Einkommen)
- Steuerklasse 5: Verheiratet (für den Ehepartner mit dem niedrigeren Einkommen)
- Steuerklasse 6: Singles oder Verheiratete mit Zweitjob oder Nebeneinkommen von monatlich mehr als 450 Euro
Nach Trennung verlieren Ehepaare ihr Wahlrecht zwischen verschiedenen Steuerklassen
Die Steuerklasse ist bei Änderung des Familienstands zwingend zu ändern. Ein wirkliches Wahlrecht besteht nur für Ehepaare, die sich je nach Einkommensverhältnissen für die für sie günstigsten Steuerklassen entscheiden können, etwa indem sie die Steuerklassen 3 (für den besser verdienenden Ehepartner) und 5 (für den schlechter verdienenden Ehepartner) kombinieren.
Steuerklasse 1 für Singles ohne Kinder
Sofern keine minderjährigen Kinder vorhanden sind, für die das Sorgerecht besteht, müssen Ehepartner nach der Trennung in Steuerklasse 1 wechseln (sofern aufgrund Nebenjobs mit monatlichem Einkommen von mehr als 450 Euro keine Veranlagung in Steuerklasse 6 besteht).
Steuerklasse 2 für alleinerziehenden Elternteil nach Trennung
Hat einer der Ehepartner als Sorgeberechtigter ein Kind, das bei ihm lebt, so wechselt er in die Steuerklasse 2 als Alleinerziehender.
Alleinerziehend ist, wer als sorgeberechtigter Vater oder Mutter ledig, verwitwet, dauernd getrennt vom Ehepartner lebt oder geschieden ist und mit den minderjährigen Kindern zusammenlebt und für sie sorgt. Steuerklasse 2 ist demnach auch für den Elternteil einschlägig, bei dem das gemeinsame Kind nach der dauerhaften Trennung vom Ehepartner wohnt. Dies betrifft die klassische Trennung („Residenzmodell“), bei der die gemeinsamen Kinder überwiegend bei einem der beiden Elternteile wohnen, und der andere Elternteil die Kinder lediglich im Rahmen des Umgangsrechts regelmäßig trifft, z.B. indem die Kinder jedes zweite Wochenende und einen Teil der Ferien bei ihm verbringen.
Der andere in Trennung lebende Elternteil, bei dem die Kinder nicht überwiegend leben, wird in Steuerklasse 1 veranlagt.
Vorteile der Steuerklasse 2
Steuerklasse 2 ist für den alleinerziehenden Elternteil in Trennung wirtschaftlich sehr vorteilhaft, da Alleinerziehende zusätzlich zu dem hälftigen Kinderfreibetrag in Höhe von derzeit 2.730 Euro und den hälftigen Freibetrag für Betreuung, Erziehung oder Ausbildungsbedarf in Höhe von derzeit 1.464 Euro zusätzlich Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von derzeit (Jahr 2022) 4.008 Euro bei einem Kind sowie zusätzlich 240 Euro je weiteres Kind haben.
Übertragung des hälftigen Kinderfreibetrags und Betreuungsfreibetrags
In bestimmten Fällen kann sogar der dem anderen Elternteil zustehende hälftige Kinderfreibetrag auf den alleinerziehenden Elternteil übertragen werden, etwa wenn der andere Elternteil im Ausland lebt, so dass er in Deutschland nicht einkommenssteuerpflichtig ist, er verstorben ist oder seinen Unterhaltspflichten nicht bzw. zu weniger als 75 Prozent nachkommt. Die Übertragung des vollen Freibetrags für Betreuung, Erziehung oder Ausbildung kommt zudem bei minderjährigen Kindern in Betracht, die nicht beim anderen Elternteil gemeldet sind.
Steuerklasse 1 bei Trennung mit gemeinsamen Kindern im Wechselmodell
Leben die Eltern gemeinsamer Kinder in Trennung, ohne dass die Kinder ihren Lebensmittelpunkt bei einem der Elternteile haben, sondern sie zu gleichen Teilen bei beiden Eltern wohnen (Wechselmodell) gelten beide Eltern als nicht alleinerziehend, so dass für beide Steuerklasse 1 zu wählen ist.