Um was handelt es sich bei einer Grundrechtsverwirkung?
Was ist unter einer Grundrechtsverwirkung zu verstehen?
Um was handelt es sich bei einer Grundrechtsverwirkung?
Unter einer Grundrechtsverwirkung ist zu verstehen, dass eine Person aufgrund eines bestimmten Verhaltens sich nicht mehr oder nur in einem bestimmten Umfang auf Grundrechte berufen darf. Geregelt ist dies in Art. 18 des Grundgesetzes (GG). Danach verwirkt eine Person das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 GG), Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG), Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG), Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG), Eigentum (Art. 14 GG) oder auf Asylrecht (Art. 16a GG), wenn sie diese zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht. Von der Person muss also eine Gefahr für die verfassungsgemäße Ordnung ausgehen. Verwirkt werden können nur die genannten Grundrechte. Auf die Menschenwürde (Art. 1 GG) oder Religionsfreiheit (Art. 4 GG) kann sich die Person daher zum Beispiel weiter berufen.
Wie verläuft das Verfahren?
Die Grundrechtsverwirkung kann nur durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen werden. Es kann zeitlich begrenzt (§ 39 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes – BVerfGG) und auch zurückgenommen werden (§ 40 BVerfGG). Das Verfahren wird durch Antrag eingeleitet. Der Antrag kann vom Bundestag, von der Bundesregierung oder von einer Landesregierung gestellt werden (§ 36 BVerfGG).
Gibt es Beispiele für eine Grundrechtsverwirkung?
Die praktische Relevanz der Grundrechtsverwirkung ist sehr gering. Zwar kam es bereits zu Verfahren, diese endeten jedoch bisher nicht mit dem Ausspruch der Verwirkung. Dies hatte seinen Grund darin, dass die Gefahr für die verfassungsgemäße Ordnung entweder nicht bewiesen oder wegen einer bereits ergangenen strafrechtlichen Sanktion nicht mehr vorhanden war.
Gegen folgende Personen wurde ein Verfahren zur Grundrechtsverwirkung geführt:
zweiter Vorsitzender der sozialistischen Reichspartei (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25. Juli 1960, Az. 2 BvA 1/56)
Herausgeber der deutschen National-Zeitung (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 2. Juli 1974, Az. 2 BvA 1/69)
gegen die zwei Täter des Mordanschlags von Mölln im November 1992 (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 18. Juli 1997, Az. 2 BvA 1/92 und 2 BvA 2/92)