Unfall mit unversicherten Fahrzeugen von Kriegsgeflüchteten aus der Ukraine - Wer zahlt den Schaden?Wer muss bei einem Unfall mit einem unversicherten Fahrzeug aus der Ukraine mit Kosten rechnen?
Die zahlreichen Geflüchteten aus der Ukraine, die sich einen Weg nach Deutschland bahnen, stellen uns nicht nur vor organisatorische und humanitäre Herausforderungen. Auch versicherungsrechtliche Fragen sind zu klären. Für Kfz-Fahrer stellt sich die Frage, wie sich ein unzureichender Versicherungsschutz Geflüchteter bei Unfällen auswirkt.
Das Bundesinnenministerium gab an, zwischen dem 24. Februar 2022 und dem 24. März 2022 rund 246.000 Einreisen ukrainischer Geflüchteter dokumentiert zu haben. Viele Geflüchtete sind dabei mit ihrem eigenen Auto unterwegs. Doch nicht jedes der Fahrzeuge ist mit einer Kfz-Haftpflichtversicherung versichert, die auch in Deutschland Gültigkeit beanspruchen kann. Dementsprechend stellt sich die Frage, wer dann im Falle eines Unfalls haftet.
Wer bei einem Unfall überhaupt für entstandene Schäden aufkommen muss, richtet sich nach dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) und den allgemeinen Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dabei kann man sich durch verschiedene Versicherungen vor den Risiken einer Haftung schützen. Eine Kaskoversicherung zum Beispiel deckt Schäden am eigenen Fahrzeug ab, die ein anderer verursacht hat. Nicht alle Versicherungen sind allerdings freiwillig. Die Haftpflichtversicherung für ein Kfz stellt eine gesetzliche Pflichtversicherung dar.
Fahren auf deutschen Straßen nur mit gültigem Versicherungsschutz erlaubt
Eigentlich ist das Fahren auf deutschen Straßen daher nur mit entsprechend gültigem Versicherungsschutz erlaubt. § 1 des Pflichtversicherungsgesetzes (PflVG) legt dies fest. Kommt es zu einem Unfall und hat der Unfallverursacher keine Haftpflichtversicherung, so haftet er zumeist persönlich für die entstandenen Schäden. Er muss also den von ihm verursachten Schaden aus seiner eigenen Tasche bezahlen. Dabei geht es nicht nur um die eingetretenen Schäden an Sachen, sondern auch um Schäden, die aus der Verletzung oder Tötung beteiligter Personen resultieren. Dabei können schnell hohe Beträge entstehen. Zwar gibt es auch international gültige Versicherungen oder zusätzlich abschließbare Grenzversicherungen, diese dürften jedoch die wenigsten einreisenden Ukrainer zuvor in Anspruch genommen haben. Sie sind also in Deutschland regelmäßig ohne Versicherungsschutz unterwegs.
Für die Geflüchteten, die mit einem nicht oder in Deutschland nicht gültig versicherten Fahrzeug einreisen, entstehen dadurch also zusätzliche Risiken. Neben der schwierigen Lage, in der sie sich befinden, müssten sie nach der grundsätzlich geltenden Rechtslage außerdem befürchten, persönlich für etwaige Schäden aufzukommen. Eine derartige Haftung Geflüchteter wird angesichts deren Notlage allgemein für nicht zumutbar gehalten. Auch für die Unfallgegner in Deutschland stellt der unzureichende oder nicht vorhandene Versicherungsschutz in solchen Fällen mitunter ein finanzielles Risiko dar. Sie laufen Gefahr, ihre Ansprüche auf Schadensersatz nicht realisieren zu können, weil die Schuldner aus der Ukraine möglicherweise mittellos sind.
Regelung bis zum 31. Mai 2022
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat deshalb (neben einer Spendenaktion für ukrainische Geflüchtete) hinsichtlich der Haftung bei Unfällen Solidarität gezeigt: Auch Kfz-Haftpflichtschäden durch ukrainische Fahrzeuge in Deutschland sollen bis zum 31. Mai 2022 von den deutschen Versicherern getragen werden. Bei dem GDV handelt es sich um die Dachorganisation aller privaten Versicherer in Deutschland. Die Schadensregulierung erfolgt über das Deutsche Büro Grüne Karte (DBGK), der im Rahmen des internationalen „Grüne Karte-Systems“ zuständigen Institution zur Abwicklung von Autohaftpflichtfällen. Dadurch soll den Geflüchteten die Ein- und Durchreise erleichtert werden. Sie müssen sich demnach vorerst keine Sorgen über fehlenden oder unzureichenden Versicherungsschutz machen. Aber auch für die Unfallgegner ist diese Regelung erfreulich.
Allerdings ist zu beachten, dass es auch hier Grenzen gibt. Der Schutz Geschädigter beschränkt sich auf die geltenden Mindestdeckungssummen. Durch diese Werte schreibt der Gesetzgeber eine untere Grenze für die Versicherungssumme bei verschiedenen Schäden vor. Diese Grenzen von 7.5 Mio. Euro bei Personen- und 1,22 Mio. Euro bei Sachschäden dürften jedoch ebenso wie die Grenze bei Vermögensschäden i. H. v. 50.000 Euro nicht allzu schnell erreicht sein.