Unter welchen Voraussetzungen kommt es zu Neuwahlen für den Deutschen Bundestag?Unter welchen Bedingungen der Deutsche Bundestag neu gewählt werden kann
Nach der Europawahl wird wieder der Ruf nach Neuwahlen lauter. Aber ist das so einfach möglich? Unter einer Neuwahl versteht man die vorgezogene Wahl nach Auflösung des Deutschen Bundestags und damit vorzeitiger Beendigung der Legislaturperiode. Was sind die Voraussetzungen dafür, dass der Deutsche Bundestag aufgelöst und nachfolgend neu gewählt werden kann?
In Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron auf das schwache Ergebnis seiner Partei bei den Europawahlen reagiert. Er löst das Parlament auf und hat für den 30. Juni Neuwahlen angekündigt. In Deutschland ist es nicht so einfach, den Deutschen Bundestag aufzulösen und neu wählen zu lassen.
Unter welchen Voraussetzungen kommt es zu Neuwahlen für den Deutschen Bundestag?
Es kann nur unter zwei Konstellationen zu einer Auflösung und Neuwahl des Deutschen Bundestags kommen. Zum einen nach einer gescheiterten Vertrauensfrage des Bundeskanzlers und zum anderen nach der Wahl eines Bundeskanzlers mit relativer Mehrheit.
Szenario 1: der Bundeskanzler stellt die Vertrauensfrage und die Vertrauensfrage scheitert
Der Bundeskanzler ist nach Art. 68 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) berechtigt, im Deutschen Bundestag eine Vertrauensfrage zu stellen. Verliert er die Vertrauensfrage, erhält er also nicht die Mehrheit der Stimmen der Bundestagsabgeordneten, kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag auflösen und somit Neuwahlen einleiten. Zu beachten ist, dass es im pflichtgemäßen Ermessen des Bundespräsidenten steht, den Bundestag aufzulösen. Er ist also nicht dazu gezwungen.
Das Recht zur Auflösung erlischt zudem, sobald der Bundestag mit der Mehrheit der Stimmen einen neuen Bundeskanzler wählt.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema hier: Was ist die Vertrauensfrage?
Szenario 2: Die Wahl des Bundeskanzlers hat nur mit einer relativen Mehrheit stattgefunden
Wird nach einer Bundestagswahl der Bundeskanzler erst im dritten Wahlgang mit der relativen Mehrheit der Stimmen gewählt, also mit weniger als der absoluten Mehrheit, so hat der Bundespräsident gemäß Art. 63 Abs. 4 Satz 3 GG binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen. Zu beachten ist auch hier, dass der Bundespräsident damit keineswegs gezwungen ist, den Bundestag aufzulösen. Vielmehr kann er den gewählten Bundeskanzler ernennen und ihm aufgeben eine Minderheitsregierung zu führen.
Ein Selbstauflösungsrecht des Deutschen Bundestags gibt es nicht.
Im welchen Zeitraum müssen Neuwahlen nach Auflösung des Bundestags stattfinden?
Gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 4 GG muss die Neuwahl des Deutschen Bundestags spätestens 90 Tage nach der Auflösung stattfinden.
Siehe: Aktuelles aus dem Staatsrecht.