Welche Mitbestimmungsrechte gibt das Betriebsverfassungsgesetz dem Betriebsrat?Echte Mitbestimmung des Betriebsrats
Der Betriebsrat hat eine wichtige Funktion im Betrieb und darf an vielen Stellen mitentscheiden. Doch was heißt das genau? Welche Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat im Einzelnen?
Echte Mitbestimmung des Betriebsrats
Der Betriebsrat vertritt die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber der Geschäftsleitung. Für den einzelnen Beschäftigten ist es oft schwierig, etwas auszurichten oder sich gegen bestimmte Unternehmensentscheidungen zur Wehr zu setzen. Daher übernimmt der Betriebsrat diese Aufgabe, er ist der Vertreter der Arbeitnehmer. Die Rechte und Pflichten des Betriebsrats sind im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt.
Das Betriebsverfassungsgesetz gibt dem Betriebsrat unterschiedlich starke Beteiligungsrechte. Für bestimmte Bereiche hat der Betriebsrat lediglich Informationsansprüche, d.h. er kann vom Arbeitgeber verlangen, dass dieser ihn informiert. In anderen Bereichen hat er immerhin Anhörungs- und Beratungsrechte.
Die stärkste Waffe, die das Betriebsverfassungsgesetz dem Betriebsrat gibt, ist das echte Mitbestimmungsrecht, um das es hier geht. Weiterführende Informationen zum Betriebsverfassungsgesetz finden Sie hier.
Die echten Mitbestimmungsrechte sind im §87 des Betriebsverfassungsgesetzes festgeschrieben. In 13 Punkten werden die Bereiche skizziert, in denen der Betriebsrat echte Mitbestimmungsrechte hat.
Dabei regelt das Betriebsverfassungsgesetz ganz klar: Der Arbeitgeber kann sich über die Mitbestimmungsrechte nicht hinwegsetzen. Eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme, die ohne Zustimmung des Betriebsrats erfolgt, ist automatisch unwirksam!
Die Mitbestimmungsrechte aus dem Betriebsverfassungsgesetz im einzelnen:
1. Ordnung im Betrieb (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG)
Gibt der Arbeitgeber Anweisungen zur Ordnung im Betrieb, so muss der Betriebsrat mitbestimmen. Dabei ist zwischen zwei unterschiedlichen Maßnahmen zu unterscheiden:
- Maßnahmen, die die konkrete Ausführung der Arbeit betreffen Das nennt man Anweisungen zum Arbeitsverhalten und diese unterliegen NICHT der Mitbestimmung.
- Maßnahmen, die das allgemeine Verhalten im Betrieb betreffen Dazu gehören Anweisungen zum Tragen von Arbeits- oder Berufskleidung, Taschen- oder Torkontrollen, Parkplatzordnungen, aber auch Direktiven zu Krankenrückkehrgesprächen, zur Nutzung von privaten E-Mails und Internet. Diese unterliegen der Mitbestimmungspflicht nach Betriebsverfassungsgesetz.
2. Arbeitszeit – Beginn und Ende (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG)
Der Bereich der Arbeitszeit ist einer der wichtigsten Betätigungsfelder eines Betriebsrats. Dabei wird die Dauer der Arbeitszeit im Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt. Hier kann der Betriebsrat nicht mitbestimmen. Alle übrigen Details der Arbeitszeit sind aber gemäß dem Betriebsverfassungsgesetz mitbestimmungspflichtig. Dies gilt damit für Regelungen zu Beginn und Ende der täglichenArbeitszeit, die Einführung von Gleit- und Vertrauensarbeitszeit, die Aufstellung von Dienst- und Schichtplänen, die Einführung von Arbeitszeitkonten, Telearbeit, Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst.
3. Überstunden und Kurzarbeit (§ 87 Abs. 1 Nr.3 BetrVG)
Wenn es um das Festlegen der regelmäßigen Dauer der Arbeitszeit geht, hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht. Wenn der Arbeitgeber aber von der einmal festgelegten Dauer abweichen und die Arbeitszeit für einen gewissen Zeitraum verlängern (Überstunden) oder verkürzen (Kurzarbeit) möchte, so muss der Betriebsrat zustimmen.
4. Arbeitsentgelt – Zeit, Ort, Dauer der Auszahlung (§ 87 Abs. 1 Nr.4 BetrVG)
Dieser Mitbestimmungstatbestand hat seit Einführung der bargeldlosen Überweisung an Bedeutung verloren, denn Regelungsbedarf über Details der Auszahlung besteht nicht mehr. Nicht von der Mitbestimmung umfasst sind Fragen der Entgelthöhe oder der Eingruppierung.
5. Urlaub (§ 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG)
Geht es um das Festlegen von Urlaubsgrundsätzen im Betrieb, nach denen der Urlaub zu gewähren ist, so muss der Betriebsrat mitbestimmen. Dazu gehören Regelungen über das Bewilligungsverfahren, die Verteilung des Urlaubs innerhalb des Jahres, die Frage der Übernahme auf das Folgejahr, Urlaubssperren etc. Auch Bildungsurlaub, Sabbaticals, Sonderurlaub für Schwerbehinderte fallen darunter.
6. Verhaltens- und Leistungskontrolle (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG)
Diese wichtige und heutzutage zentrale Mitbestimmungsvorschrift betrifft die Einführung nahezu aller Softwaresystem bzw. kommunikationstechnischer Systeme (IKT) im Betrieb. Immer dann, wenn Software-Geräte auch nur objektiv dazu geeignet wären, Daten der Mitarbeiter zu erfassen und Kontrolle über Verhalten oder Leistung des Mitarbeiters auszuüben, muss der Betriebsrat mitbestimmen.
7. Gesundheits- und Arbeitsschutz (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG)
Bei Maßnahmen, die der Arbeitgeber zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten ergreift, gibt das Betriebsverfassungsgesetz dem Betriebsrat fast immer ein Mitbestimmungsrecht. Dabei ist aber zu beachten: Im Arbeitsschutz bestimmen zahlreiche Gesetze und Verordnungen (Arbeitsstättenverordnung, Gefahrstoffverordnung, Arbeitssicherheits- und Arbeitsschutzgesetz) zwingende Anordnungen für den Arbeitgeber.
Dies gilt besonders für die nach § 5 Arbeitsschutzgesetz für jeden Betrieb obligatorische Gefährdungsbeurteilung, wonach jeder Arbeitsplatz nach physischen und psychischen Gefährdungen bewertet werden muss. Über die Methoden und die Art der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung (Fragebogen, Anschauen des Arbeitsplatzes) muss der Betriebsrat ebenso mitbestimmen wie über die daraus abzuleitenden konkreten Einzelmaßnahmen zur Gefahrenvermeidung.
8. Betriebliche Sozialeinrichtungen (§ 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG)
Sozialeinrichtungen sind neben Kantine, Betriebskindergarten, Sport- oder Erholungseinrichtungen auch solche Angebote des Arbeitgebers, die den Beschäftigen über das reine Entgelt hinaus Vorteile verschaffen. Damit zählen auch Pensions- und Unterstützungskassen, aber auch Beschäftigungsgesellschaften dazu. Der Betriebsrat hat bei der Ausgestaltung all dieser Sozialeinrichtungen in allen Details – bis hin zur Preisgestaltung der Kantine – mitzubestimmen.
9. Werkswohnungen (§ 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG)
Manche Arbeitgeber stellen Dienstwohnungen zur Verfügung. Der Betriebsrat hat bei allen die Verwaltung dieser Wohnung betreffenden Entscheidungen mitzubestimmen.
10. Betriebliche Entgeltgestaltung (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG)
Bei allen Fragen der kollektiven Lohngestaltung im Betrieb hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Führt der Arbeitgeber bestimmte Vergütungsordnungen oder Entlohnungsmethoden ein, so benötigt er die Zustimmung des Betriebsrats. Diese ist nicht erforderlich für das Festlegen der Entgelthöhe, die ausdrücklich der Einflussnahme des Betriebsrats entzogen ist.
11. Akkord-/Prämiensätze, Leistungsentgelt (§ 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG)
Bei allen Fragen der Leistungsentlohnung besteht ein Mitbestimmungsrecht soweit es darum geht, die Kriterien für die Ermittlung des konkreten Einkommens in einem System festzulegen. Dies betrifft sowohl Regelungen für Akkord- und Prämiensätze als auch Zielvereinbarungen für bestimmte Bereiche, wenn die Höhe des Entgelts an das Erreichen bestimmter Leistungen gebunden ist.
12. Betriebliches Vorschlagwesen (3 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG)
Teilweise gibt es in Unternehmen klar definierte Grundsätze zur der Frage, wie Verbesserungsvorschläge von Arbeitnehmern geprüft, bewertet und vergütet bzw. mit Sonderprämien versehen werden. Beim Aufstellen dieser Grundsätze muss der Betriebsrat beteiligt werden, er hat ein Mitbestimmungsrecht.
13. Gruppenarbeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG)
Überträgt der Arbeitgeber einer Gruppe von Arbeitnehmern die Erledigung einer bestimmten Aufgabe eigenverantwortlich, so spricht man von Gruppenarbeit. Sie fördert Eigenverantwortlichkeit und Zusammenarbeit der Arbeitnehmer. Die Einführung der Gruppenarbeit ist dabei eine unternehmerische Entscheidung, die nicht der Mitbestimmung unterliegt. Allerdings hat der Betriebsrat bei der Ausgestaltung der Gruppenarbeit, d.h. beim Festlegen der Grundsätze über die Durchführung der Gruppenarbeit mitzubestimmen.
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