Wer haftet bei einem Unfall mit einem Blaulicht fahrenden Rettungswagen?
Fahrten von Rettungswagen oder anderen Einsatzfahrzeugen mit Blaulicht bergen für den Straßenverkehr eine große Gefahr. Denn bei Einsatzfahrten missachten Rettungs- und Einsatzfahrzeuge notwendigerweise regelmäßig Verkehrsvorschriften. Es kann dabei schnell zu einem Unfall mit anderen Verkehrsteilnehmern kommen. Wie liegt in einem solchen Fall die Haftungslage? Sind Rettungswagen und Einsatzfahrzeuge bei Fahrten mit Blaulicht von jeglicher Haftung für Verkehrsunfälle befreit?
Wer haftet bei einem Unfall mit einem Blaulicht fahrenden Rettungswagen?
Machen Rettungswagen oder andere Einsatzfahrzeuge von ihren Sonderrechten in zulässiger Weise gebrauch und kommt es dabei zu einem Unfall, schließt dies nicht generell eine Haftung aus. Es ist zu beachten, dass Rettungswagen und Einsatzfahrzeug nur dann Verkehrsvorschriften missachten dürfen, wenn sowohl Blaulicht als auch Martinshorn eingeschaltet sind. Liegt einer der Voraussetzungen nicht vor, besteht auf jeden Fall eine Mithaftung (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 10.01.2017, Az. I-1 U 46/16 und Kammergericht Berlin, Urteil vom 18.07.2005, Az. 12 U 50/04).
Jedoch kann auch dann eine Mithaftung bestehen, wenn sowohl Blaulicht als auch Martinshorn eingeschaltet sind. Denn dies bedeutet gemäß § 38 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) nur, dass alle übrigen Verkehrsteilnehmer sofort freie Bahn zu schaffen haben. Durch die Verwendung von Blaulicht und Martinshorn werden damit eben nicht die Verkehrsvorschriften aufgehoben. Sie müssen weiterhin beachtet werden. Die Rettungswagen und Einsatzfahrzeuge haben nur Vorrang. So ist ein Rotlichtverstoß nicht ohne Weiteres zulässig. Es ist insbesondere auf § 35 Abs. 8 StVO hinzuweisen, wonach die Sonderrechte nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden dürfen.
Folgende Pflichten haben die Gerichte beispielhaft den Fahrern von Rettungswagen oder Einsatzfahrzeugen auferlegt:
Fahrer von Polizeiwagen müssen damit rechnen, dass andere Verkehrsteilnehmer unsicher reagieren (Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 05.03.2015, Az. 1 U 46/15)
Rotlichtverstoß durch Einsatzfahrzeug nur bei vorheriger Vergewisserung, dass die übrigen Verkehrsteilnehmer sein Vorrecht anerkennen (Oberlandesgericht Thüringen, Urteil vom 20.12.2006, Az. 4 U 259/05)
Nicht erlaubt ist es aber Rettungswagen und Einsatzfahrzeuge mit eingeschalteten Blaulicht und Martinshorn zu überholen (Landgericht Magdeburg, Urteil vom 28.04.2011, Az. 10 O 1964/10).
Meines Erachtens bedarf es auch unbedingt der Erwähnung und im Unfall-Fall der Überprüfung, ob der Fahrer des Rettungsdienstes auch den nachweislichen Auftrag hatte mit Sondersignalen zu fahren. Nach meiner langjährigen Erfahrung im eigenen Wohn- und Arbeitsbereich als Notarzt maßen sich Fahrer / Rettungsassistenten gern dieses Vorrecht an ohne zuvor ihre Leitstelle um Freigabe zu bitten. Wenn ein Notarzt an Bord ist entscheidet dieser vollverantwortlich über die Notwendigkeit von Sondersignal, wobei stets beide einzusetzen sind.
Nicht ganz richtig. Nicht nur der Notfallsanitäter oder Rettungsassistent, auch der Rettungssanitäter (jeweils der höchstqualifizierte) entscheidet das und gibt dies der Leitstelle weiter. da ich den Patienten vor mir habe und das im Zweifel (mit gutem Anwalt) begründen muss. Dienstanweisungen besagen, dass aufgrund des Meldebildes oder der Situation/Diagnosestellung ich meine Entscheidung treffe. Sicher darf man sich fragen, ob aus dieser Sicht manche Blaulichtfahrt mit oder ohne Horn angezeigt ist, aber das liegt nicht in meinem Verantwortungsbereich.