Wie viel Abstand müssen Autofahrende einhalten, wenn sie Radfahrende überholt?Wie kontrolliert die Polizei den Mindestabstand zu Radfahrern?
Wie groß muss der Abstand sein, wenn man als Autofahrender einen Radfahrenden überholt? Und kann die Polizei den Abstand zwischen Auto und Fahrrad überhaupt messen? Welches Bußgeld droht, wenn ich den Abstand nicht einhalte?
Zu den häufigsten Unfallursachen bei Unfällen zwischen Fahrradfahrenden und Kraftfahrzeugfahrenden gehören Fehler beim Abbiegen, Missachtung der Vorfahrt und ein ungenügender Sicherheitsabstand beim Überholen. Grund genug, dass wir von www.refrago.de (Rechtsfragen online) die Rechtslage zum Sicherheitsabstand beim Überholen von Fahrradfahrenden beleuchten.
Wie ist der Mindestabstand bei Überholen eines Fahrradfahrers?
In Deutschland musst man beim Überholen von Radfahrern innerorts einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten. Außerorts beträgt der Mindestabstand 2 Meter. Diese Regelung soll die Sicherheit der Radfahrer im Straßenverkehr gewährleisten, insbesondere in Situationen, in denen der Raum zum Rand der Fahrbahn begrenzt ist.
Je nach Straßen- und Wetterverhältnissen, Geschwindigkeit, Größe des eigenen Fahrzeugs und ob Fahrradfahrenden (z.B. mit Kleinkind) können nach einem Urteil des OLG Naumburg innerorts auch größere Abstände geboten sein (siehe unten)!
Ist der Mindestabstand im Gesetz geregelt?
Der Mindestabstand beim Überholen von Radfahrern ist in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) geregelt. Konkret findet sich die Regelung in § 5 Absatz 4 Satz 3 StVO. Dort heißt es:
„Beim Überholen mit Kraftfahrzeugen von zu Fuß Gehenden, Rad Fahrenden und Elektrokleinstfahrzeug Führenden beträgt der ausreichende Seitenabstand innerorts mindestens 1,5 m und außerorts mindestens 2 m.“
Mindestabstand wurde 2020 in die StVO aufgenommen
Diese Vorschrift wurde im Jahr 2020 durch eine Novelle der StVO präzisiert, um die Sicherheit von Radfahrern und Fußgängern im Straßenverkehr zu erhöhen. Zuvor war lediglich ein „ausreichender“ Seitenabstand vorgeschrieben, ohne konkrete Zahlenangabe.
Interessante Gerichtsurteile zum Mindestabstand
Bevor der Mindestabstand in die StVO aufgenommen wurde, hatten bereits einige Gerichte einen Mindestabstand definiert. 1966 erachtete der BGH einen Mindestabstand von nur 1 Meter als ausreichend.
- BGH, Urteil vom 23.09.1966, Az. VI ZR 136/65, VersR 1966, 1185: In diesem Urteil ging der BGH noch von einem Mindestabstand von 1 Meter aus, der erst Recht eingehalten werden muss, das überholende Fahrzeug besonders wuchtig und groß ist.
- OLG Naumburg, Beschluss vom 17. Juli 2005 , Az. 12 U 29/05, VersR 2005, 1601 : Je nach Straßen- und Wetterverhältnissen, Geschwindigkeit und Größe des eigenen Fahrzeugs können auch größere Abstände geboten sein. Das ist auch der Fall, wenn auf dem Fahrrad ein Kleinkind transportiert wird – dann müssen Autofahrer auch innerorts mindestens 2 Meter Abstand halten.
- LG München, Urteil vom 19.10.2020, Az. 19 O 6004/20: Bei einem Überholen von Radfahrern oder Pferden muss ein Mindestabstand von 1,5 bis 2m eingehalten werden, um auf etwaige plötzliche Reaktionen oder Schlenker von Mensch oder Tier reagieren zu können.
Was ist, wenn ich den Mindestabstand nicht einhalten kann?
Wenn man den vorgeschriebenen Mindestabstand beim Überholen von Radfahrern nicht einhalten kann, darf man den Überholvorgang nicht durchführen. Das kann z.B. in folgenden Verkehrssituationen der Fall sein:
- Beengte Straßenverhältnisse: Wenn die Fahrbahn zu schmal ist, um den Mindestabstand einzuhalten muss man hinter dem Radfahrenden bleiben, bis sich eine Überholmöglichkeit ergibt.
- Gegenverkehr: Wenn auf einer engen Straße Gegenverkehr vorhanden ist und man dadurch den Abstand beim Überholen nicht einhalten kann, musst man ebenfalls warten, bis die Straße frei ist.
- Parkende Fahrzeuge oder Hindernisse: Wenn auf der rechten Seite parkende Autos stehen oder andere Hindernisse vorhanden sind, die den Raum zum Überholen verringern, darf man nicht überholen, wenn der Mindestabstand nicht gewährleistet ist.
Wie kontrolliert die Polizei den Mindestabstand zu Radfahrern?
Die Polizei kann den Abstand nicht so einfach kontrollieren. Gerichtsfeste Kontrollen sind nur unter erheblichem Aufwand möglich. Das liegt daran, dass Markierungen auf der Fahrbahn fehlen, die es ermöglichen, den Abstand zu berechnen. In einigen Städten haben die Behörden solche Markierungen auf der Fahrbahn aufgebracht. Mit Hilfe einer Videokamera können die Beamten dann nachweisen, ob der Abstand zwischen Außenspiegel und Fahrradfahrenden beim Überholen zu gering war. Das hat z.B. die Polizei in Hannover schon so gemacht. In Hamm wurden z.B. mit Hilfe einer Schablone Markierungen auf der Straße aufgebracht und Autofahrer dann fotografiert. Beamte, die ein Stück weiter auf der Straßen stehen, können dann die Autofahrenden aus dem Verkehr ziehen.
Was passiert, wenn ich überhole und den Mindestabstand nicht einhalte?
Wenn man trotz fehlenden Abstands überholt und dabei andere Verkehrsteilnehmer, insbesondere Radfahrer, gefährdet, begeht man eine Ordnungswidrigkeit. Das Verwarngeld beginnt bei 30 Euro. Kommt es zu einer Gefährdung, werden 80 Euro fällig, bei einem Unfall sind es 100 Euro. In der Regel kostet ein Abstandsverstoß den Autofahrenden also 80 Euro inklusive einen Punkt in Flensburg.
Kommt es sogar zu einem Unfall, weil der Mindestabstand nicht eingehalten wurde, wird in der Regel der überholende Autofahrer als Hauptverursacher des Unfalls angesehen.
Fazit:
Es ist wichtig, beim Überholen von Radfahrenden die Sicherheitsabstände konsequent einzuhalten. Ist dies nicht möglich, muss man auf den Überholvorgang verzichten. Bei Verstößen drohen nicht nur Bußgelder, sondern auch Haftungsansprüche im Falle eines Unfalls.
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Viel interressnter ist, welchen Abstand müssen Radfahrer einhalten beim Vorbeifahren bzw. überholen von Kraftdahrzeugen?
Tagtäglich erlebe ich, dass sich Radfahrer zwischen dem Fahrzeug regelrecht durchdrängeln wenn dieses einparken will.
Meistens geschieht dies beim rückwärts einparken.
Die Radfahrer haben einfach keine Zeit zu warten, oder besser gesagt, denken diese nur egoistisch an sich.
Ein Miteinander in dieser Situation gibt es nicht, nur wir Kraftfahrer sollen in llen Situationen gegenüber den Radfahrer Rücksicht nehmen.